Salzburg: Neuer Zündstoff für die Chefsuche

Maestro Franz Welser-Moest conducts the Vienna Philharmonic Orchestra during a rehearsal for the traditional New Year's Concert in the Golden Hall of the Vienna Musikverein in Vienna, December 27, 2012. The concert will be broadcast by over 70 television networks and 300 radio stations worldwide on January 1, 2013. REUTERS/Herwig Prammer (AUSTRIA - Tags: ENTERTAINMENT)
Franz Welser-Möst nimmt erstmals Stellung zum neuen Gerücht, er könnte Festspiel-Chef werden und sagt, was alles schief läuft.

Eigentlich hätte Franz Welser-Möst bei den Salzburger Festspielen die Premiere der Mozart-Oper „Così fan tutte“, die am Mittwoch stattfindet, leiten sollen. Er zog sich jedoch aus Protest gegen die Aufführungsbedingungen von dieser Produktion und dem gesamten Da-Ponte-Zyklus zurück.
Im KURIER-Interview sagt er, was aus seiner Sicht in Salzburg falsch läuft. Und nimmt erstmals Stellung zum heißesten Festspiel-Gerücht: Er könnte ins Rennen um die Intendanz ab 2017 gehen und sich für die Leitung der Festspiele bewerben.

KURIER: Herr Welser-Möst, Insidern zufolge sind Sie ein aussichtsreicher Kandidat für den Chefposten bei den Salzburger Festspielen . . .

Franz Welser-Möst (lacht): Mit mir hat keiner darüber gesprochen.

Aber man sagt Ihnen Interesse daran nach. Werden Sie sich bewerben?
Ich denke nicht daran, mich zu bewerben.

Und wenn man auf Sie zukommt und Sie frägt, ob Sie es machen wollen?
Ich beschäftige mich nicht mit Sätzen, die mit „Wenn . . .“ beginnen.

Sie waren schon einmal im Gespräch für die Intendanz in Salzburg – 2004, als dann Jürgen Flimm bestellt wurde.
Ich habe mich auch damals nicht beworben. Der damalige Staatssekretär Franz Morak hat meinen Namen ins Rennen geworfen. Aber zu dieser Zeit hatten Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler und Landeshauptfrau Gabi Burgstaller mit mir gesprochen. Und ich habe ihnen auseinandergesetzt, was in Salzburg falsch läuft. Das war eine ganz nüchterne Analyse: Es ging darum, dass jede Institution Stabilität braucht. Man braucht sich nur die Zahlen anzuschauen: Karajan war 35 Jahre Chef in Salzburg, Mortier zehn Jahre, Ruzicka fünf Jahre, Flimm vier Jahre, Hinterhäuser ein Jahr – und nach nur einem Jahr von Pereira stand schon fest, dass er nicht verlängert wird.

Wie groß war die Enttäuschung, dass Sie damals nicht gewählt wurden?
Wie das abgelaufen ist, war eines von zwei nicht so angenehmen Salzburg-Erlebnissen.

Und das andere?
Das war, als man von den Osterfestspielen auf mich zukam und mich bat, eine Analyse zu machen. Ich habe einen Vorschlag gemacht: Osterfestspiele, die den Namen Ostern zu Recht tragen, also eine Reise zur Besinnlichkeit. Wir hätten das gemeinsam mit den Wiener Philharmonikern gemacht und auch die Preise wesentlich gedrückt. Dann habe ich aus der Zeitung erfahren, dass die Berliner Philharmoniker doch zu Ostern in Salzburg bleiben. Eigentlich ist mir Frau Burgstaller immer noch eine Entschuldigung schuldig.

Ein Jahr später war aber doch klar, dass die Berliner nach Baden-Baden abwandern . . .
Das ist ja die Ironie. Ich habe im Zusammenhang mit Salzburg immer Recht behalten. Ich bin offenbar nicht schlecht im Analysieren der Dinge.

Salzburg: Neuer Zündstoff für die Chefsuche
APA3355866-2 - 30122010 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT KI - Dirigent Franz Welser-Möst während der Voraufführung des Neujahrskonzertes 2011 der Wiener Philharmoniker am Donnerstag, 30. Dezember 2010, im Wiener Musikverein. APA-FOTO: ANDREAS PESSENLEHNER
Als möglicher Kandidat für die Leitung der Salzburger Festspiele gilt Markus Hinterhäuser. Wie stehen Sie zu ihm?
Ich schätze ihn sehr. Ich habe nur einen einzigen anderen Menschen getroffen, den ehemaligen Intendanten in Cleveland, mit dem man sich auch so gut über Konzerte unterhalten konnte. Ich kenne Hinterhäusers Zugang, was Oper anbelangt, zu wenig. Aber er hat in Salzburg ein tolles Jahr absolviert.

Braucht Salzburg einen Künstler oder einen Manager an der Spitze? Oder beides?
In Salzburg geht es um die Dramaturgie, um die Strahlkraft der Festspiele, nicht um eine Person. Aber nochmals: Ich habe mich noch nie um einen Job beworben, auch nicht um jenen des Generalmusikdirektors der Wiener Staatsoper. Ich habe kein Interesse an irgendwelchen strategischen Überlegungen. Das ist nicht mein Problem.

"Die momentane Richtung ist einfach falsch"

Die Wiener Philharmoniker haben zuletzt in Person des Vorstandes Clemens Hellsberg eingefordert, in Salzburg wieder mehr gehört zu werden. Ihr Kommentar dazu?
Die Wiener Philharmoniker haben in ihrem Vertrag stehen, dass sie das künstlerische Zentrum des Festivals sind. Es ist also nur legitim, dass sie wissen wollen, wohin die Reise geht. Und die momentane Richtung ist einfach falsch. Wenn man irgendwann so viele Vorstellungen programmiert, dass man 300.000 Karten verkaufen kann, wird die Rolle der Wiener Philharmoniker automatisch reduziert, weil sie nicht mehr Kapazität haben und nicht noch mehr spielen können. Man hat das weltbeste Orchester in Salzburg, also muss man es auch pflegen.

Passiert das nicht ausreichend?
Wir Österreicher neigen dazu, Dinge für selbstverständlich zu nehmen. Das ist nie gut, sondern der Beginn des Abgleitens. An die Spitze zu kommen, ist schwierig. Aber dort zu bleiben, ist noch viel schwieriger.

Sie hätten den jetzt startenden Mozart-Da-Ponte-Zyklus in Salzburg dirigieren sollen und haben abgesagt. War das wirklich nötig?
Auf alle Fälle. Ich wollte zwei Tage zwischen den Aufführungen haben, das brauchen die Sänger. Aber das wurde einfach ignoriert. So habe ich abgesagt – ohne je einen Vertrag dafür gehabt zu haben. Aber das ist ja bei Alexander Pereira nicht ungewöhnlich: Viele haben keine Verträge.

Es ging angeblich auch um eine Vorstellung um 11 Uhr ...
Zunächst gar nicht. Auf eine derart unkünstlerische Idee, eine Oper als Matinee anzusetzen, wäre ich nicht gekommen. Nehmen wir nur als Beispiel den „Don Carlo“: Peter Stein hatte angeblich vier Tage Zeit für Proben mit Jonas Kaufmann. Wie soll so etwas funktionieren? So ruiniert man die Kunstform Oper. Wenn immer alles nur um das Größtmögliche geht, ist es ein Overkill, der den Festspielen schadet.

Haus für Mozart
Dort beginnt am Mittwoch (18.30 Uhr), der Mozart-Da-Ponte-Zyklus mit „Così fan tutte“. Es ist die letzte szenische Groß-Premiere der Salzburger Festspiele 2013 (am Montag folgt noch „Die Entführung aus dem Serail“ im Hangar als TV-Oper für ServusTV).

Die Protagonisten
Christoph Eschenbach dirigiert anstelle von Franz Welser-Möst die Wiener Philharmoniker, die Inszenierung stammt von Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf. Es singen: Malin Hartelius (Fiordiligi), Marie-Claude Chappuis (Dorabella), Martina Janková (Despina), Martin Mitterrutzner (Ferrando), Luca Pisaroni (Guglielmo) und Gerald Finley (Don Alfonso).

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