Royal Opera House: Bryn Terfel als Boris Godunow

Bryn Terfel singt erstmals Boris Godunow – auch fürs Kino.
Opernstar Bryn Terfel debütierte in London als Mussorgskys Boris Godunow.

Modest Mussorgskys " Boris Godunow" kann zu den langweiligsten, schwülstigsten, dramaturgisch problematischsten Opern zählen – aber nicht, wenn das Werk so realisiert wird wie am Royal Opera House in London.

Regisseur Richard Jones verweigert zwar eine aktuelle politische Deutung der Geschichte über Machtausübung, Usurpatoren und Mord an politischen Gegnern, obwohl es da einigen Zündstoff gäbe. Er fokussiert sich bei seiner Interpretation ganz auf den Aufstieg und Fall des russischen Zaren, auf dessen seelische Abgründe und das menschliche Drama. Dass Boris nur aufgrund eines Auftragsmordes an einem Erben von Iwan, dem Schrecklichen, auf den Thron kam, sieht man immer wieder als optisch raffinierten Rückblick auf einer oberhalb der Bühne errichteten Zweitbühne.

Alt und Neu

Die Ausstattung ist ganz klassisch, wie eine Hommage an die Zeit des legendären Boris-Darstellers Fjodor Schaljapin. Das darf bei der Oper, die von Sergej Diaghilev 1908 nach Westeuropa gebracht worden war (seine erste Inszenierung überhaupt in Paris), durchaus so sein. Noch dazu in einem Opernhaus, das innerhalb von fünf Jahren sieben neue in Auftrag gegebene Werke herausbringt.

Das Ereignis am Premierenabend waren jedoch die Sänger. Der walisische Bassbariton Bryn Terfel debütierte als Boris mit viel Kraft, aber auch schönen Lyrismen, seine Wagner-geeichte, so schön timbrierte Stimme ist ideal für diese Partie, seine Bühnenpräsenz grandios.

Ain Anger, der genauso gut der Hunding an Terfels Seite sein könnte, ist erstmals am Royal Opera House zu hören – und wurde vom Publikum euphorisch gefeiert: für seine intensive, profunde, ausdrucksstarke Darstellung des Mönchs Pimen. Der junge englische Tenor David Butt Philip singt den Grigory so überzeugend und sicher in der Höhe, dass man sich schon auf weitere von ihm dargestellte Partien freuen kann. Der Bass-Haudegen John Tomlinson bringt als Varlaam auch eine komödiantische Note ein. Nicht ideal besetzt ist John Graham-Hall als Schuisky.

Live im Kino

Antonio Pappano, der Musikdirektor des Hauses, ist ein hochdramatischer, jedoch stets sensibler Gestalter, das Orchester spielt unter seiner Leitung präzise, nuanciert und farbenprächtig. Zum ersten Mal überhaupt in London wird die nur knapp mehr als zweistündige Fassung aus dem Jahr 1869 gespielt, was dem Werk guttut. Am 21. März kann man sich auch in Österreich bei der Live-Übertragung in Kinos, nach dem Vorbild der New Yorker Metropolitan Opera, selbst ein Bild davon machen.

KURIER-Wertung:

Kommentare