Rosi, Picasso und die Moderne
International bekannt wurde die französische TV-Journalistin Anne Sinclair erst durch die Affäre Dominique Strauss-Kahn. Die Frau von „DSK“, die ihn bei seinem Prozess sehr (auch finanziell) unterstützte, mittlerweile aber von ihm getrennt ist, hat jetzt ein faszinierendes Buch über ihren Großvater Paul Rosenberg geschrieben: „Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine?“
Es ist das liebevolle Porträt eines der bedeutendsten Kunsthändler und Galeristen im Paris der 1910er- bis 1930er-Jahre. Rosenberg hatte als leidenschaftlicher Förderer der Moderne bei der Organisation von Ausstellungen einen untrüglichen „Entdeckerblick“ für die Meisterwerke von Renoir, Monet und Cézanne sowie nach 1918 auch von Zeitgenossen wie Picasso, Braque, Léger und Matisse.
Picasso, den er bis 1940 exklusiv vertrat, mit dem er befreundet war und mit dem er zeitweise Tür an Tür wohnte, nannte ihn „Rosi“. Er schrieb: „Mein lieber Pic“. Und mahnte beim Maler-Genie versprochene Bilder ein.
Der Einmarsch der Deutschen zwingt die Familie 1940 zur Flucht über Südfrankreich, Spanien und Portugal in die USA. Ihr Haus wird geplündert, die Galerie zu einem Zentrum antisemitischer Hetzpropaganda umfunktioniert. Nach der Rückkehr 1945 muss der Wegbereiter der modernen Malerei jahrelang um die Rückgabe von mehr als 400 gestohlenen Gemälden kämpfen. 60 sind bis heute verschollen.
Und Paul Rosenberg? Der führte seinen Erfolg auf einen Umstand zurück: Dass er niemals ein Bild um jeden Preis verkaufen wollte. Er sagte immer: „Große Malerei verkauft sich von selbst.“ Dass es mitunter Zeit brauchte, bis große Malerei als solche erkannt wurde, zeigt diese oft überraschende Lesereise in eine Epoche, als die heute Klassische Moderne noch wilde Avantgarde war ...
KURIER-Wertung: **** von *****
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