"Rockin’ all over the world" – auf ewig!

Am Montag ist es 30 Jahre her, dass "Live Aid" Geschichte schrieb. Eine Erinnerung an diesen speziellen Tag.

Ich habe es immer noch, dieses T-Shirt mit der Aufschrift: "Live Aid – I was there!" Ich habe es nie getragen. Es war mir zu kostbar – kein Kleidungsstück, sondern mein Souvenir von diesem zutiefst bewegenden 13. Juli 1985.

Ja, Bob Geldof hat mit dieser Initiative umgerechnet 100 Millionen Euro für die Opfer der damals so verheerenden Hungersnot in Afrika eingesammelt. Und ja, er damit Maßstäbe für Benefiz-Arbeit gesetzt. Aber "Live Aid" war auch das bewegendste Konzert, das ich je gesehen habe.

Schon als ich ein paar Tage davor in London ankam, hörte man in jedem Pub und in jeder U-Bahn Leute nur über dieses Event sprechen.

16 Stunden Live-Musik mit TV-Übertragung war angekündigt. Mit dabei wirklich alle Superstars von damals: Sting, David Bowie, Elton John, U2 und Paul McCartney im Londoner Wembley Stadion. Mick Jagger, Tina Turner und Madonna im JFK-Stadium in Philadelphia. Phil Collins nützte die Zeitverschiebung, trat erst in London auf und jettete dann (mit einer Concorde, die ausnahmsweise über uns jubelnde Fans im Wembley Stadion fliegen durfte) nach Philadelphia, wo er sich bei Led Zeppelin an die Drums setzte.

Punkt 12 Uhr Mittag ging es in London los. Programmatisch mit Status Quo und ihrem Hit "Rockin’ All Over The World". Es war glühend heiß, aber die Stimmung war von Anfang an einzigartig.

Kompromisslos

Mit "Hallo Wembley – die Welt schaut auf euch", hatte uns kurz davor ein Platzsprecher begrüßt. Unnötig! Auch wenn da noch niemand abschätzen konnte, welch nachhaltige Wirkung der zielstrebige, kompromisslose und deshalb so mitreißende Einsatz von Bob Geldof haben würde – dass das hier etwas ganz Spezielles war, spürte jeder.

Auch all die freiwilligen Helfer. Geldofs Konzept war einfach. Er hatte sich alle Sach- und Dienstleistungen spenden lassen. Die Kamera-Leute der BBC arbeiteten genauso unentgeltlich wie die Betreiber der Burger-Buden – alle voll Stolz darauf, dabei sein zu dürfen.

So war die Stimmung eine Mischung von ausgelassener Party und feierlicher Friedensdemo. Irgendwie hatte Geldofs unerschütterlicher Wille, in Afrika zu helfen, ein ungeschriebenes Gesetz vom achtsamen Umgang mit den anderen auch nach Wembley gebracht. Als an einem Getränkestand kurz das Wasser ausgegangen war, teilten die, die noch welches hatten, spontan mit den Umstehenden. Und im Stadion fielen sich nicht selten Wildfremde um den Hals, weil gerade jemand ihren Lieblings-Hit angestimmt hatte.

Je später der Abend, desto feierlicher wurde die Stimmung. Ich erinnere mich an das Entsetzen und die Betroffenheit der Zuseher, als jene BBC-Doku über die Hungersnot eingespielt wurde, die Geldof bewogen hatte, all das aufzuziehen. Und daran, dass nicht wenige Tränen in den Augen hatten, als Queen mit "Is This The World We Created ...?" ins Finale starteten, Paul McCartney und Who-Gitarrist Pete Townshend Geldof auf ihre Schultern hoben und alle gemeinsam "Do They Know It’s Christmas?" sangen.

Finale

Um zwei Uhr Früh saß ich – immer noch high von dem Erlebten – auf einem Randstein, weil rund um Wembley kein Taxi zu bekommen und die Schlange vor der U-Bahn 700 Meter lang war. In Philadelphia muss da wohl schon Finale gewesen sein. Ein Freund, der dort war, erzählte mir später, dass die Stimmung dort keine Spur außergewöhnlich war. Nur "eine übliche, besoffene Musiker-Party". Aber die Amerikaner hatten auch keinen Bob Geldof in ihrer Mitte.

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