Robert Plant in Wien: Es war einmal Led Zeppelin

   
Dieser Mann war der Sänger der besten Band der Welt. Davon will er heute (fast) nichts mehr wissen. Gut so.

Irgendwann, der gambische Musiker Juldeh Camara hat mit seiner Ritti gerade eine Art Dancehall-Solo beendet, kann er sich’s nicht mehr verkneifen. "Classic Rock", sagt er ins Publikum und schmunzelt. Weil klassischer Rock ist das natürlich nicht, was Robert Plant und seine Sensational Spaceshifters da von sich geben.

Die Ritti ist ein einsaitiges Streichinstrument aus der Heimat von Camara und dominiert neben der Kologo - eine Art afrikanische Laute - über weite Strecken den neuen Sound alter Blues-Songs von Willie Johnson und Charley Patton - und natürlich auch Led Zeppelin. In den 90ern hätte man vielleicht einmal Weltmusik dazu gesagt, Elektroblues oder so. Ein Miteinander aus Blues, Rock, Jazz, Pop, elektronischen Küssen, spanischen, arabischen und afrikanischen Klängen.

Stichwort klassischer Rock

Robert Plant war einmal der Sänger von Led Zeppelin, der – das sagen nicht nur die, die es miterlebt haben - besten Rockband der 70er. Doch davon will er schon lange nichts mehr wissen. "Immer nur der alte Scheiß. Ich bin doch keine Jukebox“, sagte er 2014. Da hatte er gerade das Debüt-Album "Lullaby and … The Ceaseless Roar" mit seiner neuen Band veröffentlicht (und Jimmy Page die geremasterten Led-Zeppelin-Alben). Als er sich 2007 doch noch einmal breitschlagen hatte lassen, ein Reunion-Konzert mit seinem alten Kollegen Page zu spielen, gab es 20 Millionen Ticketanfragen – 20.000 durften dann dem kleinen Wunder in der Londoner O2-Arena beiwohnen.

In der restlos ausverkauften Wiener Arena sind es am Donnerstag ein bisschen mehr als 3000. Darunter viele Led-Zeppelin-Fans der ersten Stunde, alt gewordene Langhaarige, Väter und Söhne. Kein einziger wird enttäuscht nach Hause gehen. Die Klassiker gibt’s ja noch immer - nur dass sie diesmal eben mit den Klängen der gambischen Ritti angereichert sind. "Dazed and Confused" ist so druckvoll wie zu Zeppelin-Zeiten. Dafür sorgen die Gitarristen Liam "Skin" Tyson und Justin Adams. Plant schreit vielleicht nicht mehr so wie früher, von seiner Gesangsstärke hat er aber auch mit 67 nichts verloren. Und für alle, denen Songs wie "Rainbow" schlicht zu poppig, die Interpretation von Willie Dixons "Spoonful" zu verspielt ist, für die kommt kurz vor Ende des 100-minütigen Auftritts eben der Zeppelin-Hadern „Whole Lotta Love“, den Plant mit einem waschechten Blues einleitet, kurz abbricht, um ein weiteres Mal Camaras Ritti den Vortritt zu lassen und erst danach wieder voll einzusetzen.

Und da beginnt man dann zu ahnen, weshalb Plant nicht mehr auf Stadiontour mit Led Zeppelin gehen will: Denn so etwas wäre da vielleicht gar nicht mehr möglich. Man muss ihm dafür dankbar sein. Den alten Ruhm kann ihm sowieso keiner nehmen. Hier steht einer auf der Bühne, der die immer gleiche „alte Scheiße“ nicht ewig melken will. Auch wenn die sooo schlecht nicht wäre.

KURIER-Wertung:

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