Robert Pattinson als Bankräuber: "Richtig Tempo machen"

Robert Pattinson wollte unbedingt mit Josh und Benny Safdie drehen: In "Good Time" begeistert er als Bankräuber.

Die Zeit ist längst vorbei, in der man Robert Pattinson bloß als Teenie-Star aus der "Twilight"-Saga abtun konnte. Spätestens seit seiner Rolle als Kapitalismus-Hai in David Cronenbergs "Cosmopolis" gilt der 31-jährige Brite als formidabler Schauspieler. Wie er auch in dem exzellenten Thriller-Drama "Good Time" (Kinostart: Freitag) von den New Yorker Brüdern Josh und Benny Safdie beweist: Pattinson spielt darin einen glücklosen Bankräuber, der seinen Bruder aus dem Gefängnis befreien will – und eine fiebrige Flucht durch den New Yorker Bezirk Queens startet. Ein Gespräch mit einem reizenden Robert Pattinson über Banküberfälle und Ruhm.

KURIER: Mr. Pattinson, Sie spielen erstmals einen Bankräuber in Ihrer Filmkarriere. Allerdings verüben Sie den Überfall nicht mit einer Pistole, sondern mit einer Füllfeder. War das nicht ein bisschen enttäuschend?

Robert Pattinson: Sie werden es nicht glauben, aber das ist die Art und Weise, wie Leute eine Bank überfallen. Wenn Sie nämlich eine Pistole dabei haben, erschwert das das Strafausmaß ganz erheblich. Es gab da zum Beispiel den Fall von diesem Mann, der in eine Bank hinein ging und dem Angestellten einen Zettel hinüber schob, auf dem er ihn sehr höflich bat, das Geld auszuhändigen. Der Räuber war der Ansicht, dass er eigentlich gar kein kriminellen Akt begangen hatte, weil er doch so freundlich gefragt hatte. Gleichzeitig hat er alles mitgefilmt und dann auf Facebook gestellt (muss sehr lachen). Dieser Fall hat uns für unseren Film inspiriert. Außerdem ist einer meiner Lieblingsfilme "Heat" (Bankraubthriller von Michael Mann mit Robert De Niro und Al Pacino, Anm.) – so gesehen wollte ich immer schon einen Film machen, in dem ich einen Bankraub verübe.

Spielen Sie lieber Bösewichter oder den guten Helden?

Naja, man darf nicht vergessen, dass schon meine Rolle in "Twilight" nicht besonders nett war. Immerhin spiele ich da einen Typen, der andere töten will – und zwar ununterbrochen. Aber ich finde auch in "Good Time" meine Rolle nicht so eindeutig: Meine Figur hat ihre guten Gründe, um das zu tun, was sie tut. Die moralische Bewertung kommt von außen.

Was hat Sie dazu bewogen, diese Rolle zu spielen?

Ich habe aktiv nach etwas gesucht, das mir sehr viel Energie abfordert und richtig Tempo macht. Wenn mir eine Rolle unecht vorkommt, beginne ich mich zurückzuziehen. Irgendwann habe ich mich dabei ertappt, wie ich überhaupt nichts mehr tue. Ich bin dann zu dem Entschluss gekommen, dass ich diese Fehler nicht machen darf – und habe mich ganz bewusst nach Filmemachern wie den Safdies umgeschaut.

Und was gefällt Ihnen an den Safdies so besonders gut?

Es ist diese unglaubliche Energie, diese Art und Weise, wie sie Filme drehen. Josh und Benny Safdie sind echte New Yorker, und ich finde, das sieht man ihren Filmen auch an. Es gibt diesen ganz spezifischen New Yorker Filmstil, den man wiedererkennen kann – wie etwa in den Filmen von Martin Scorsese. Außerdem gefällt mir, wie die Safdies ihre Personen anlegen und das Publikum manipulieren: Eine Geschichte bewegt sich in eine bestimmte Richtung, und dann gibt es plötzlich eine Kehrtwende. Denken Sie an den Film "Go Get Some Rosemary" (2009): Man glaubt, man sieht einem wirklich netten und witzigen Typen zu, doch plötzlich verwandelt er sich in ein echtes Monster. Oder wie hier, in "Good Time": Die längste Zeit hält man meine Figur, Connie, für jemanden, der alles für seinen geliebten Bruder tun würde. Bis sich herausstellt: Stimmt gar nicht, er kennt seinen Bruder nicht einmal besonders gut. Der Bruder ist kognitiv beeinträchtigt, und Connie nimmt ihn mit zu einem Banküberfall. Er verhält sich so wie einer dieser Väter, die ihren Kindern schwimmen beibringen wollen und sie in den Ozean werfen. Nicht besonders liebenswürdig.

Ihre Bankräuber-Rolle ist auch physisch recht anspruchsvoll. Sie müssen sehr viel laufen, bei Ihren Fluchten einen Rollstuhl manövrieren etc. Wie verliefen die Dreharbeiten dazu?

Die Safdies sind Regisseure, die beim Drehen sehr stark die gesamte Umgebung einbinden. Das heißt, man kann alles verwenden, was sich beispielsweise in einem Raum befindet. Ich habe in meinem Leben noch nie an einem Film mitgearbeitet, bei dem es so völlig in Ordnung war, Dinge zu demolieren. Auch der Kameramann Sean Price Williams arbeitet sehr physisch: Er hat ganz sensibel auf jede Bewegung, die ich gemacht habe, reagiert und ist mit ihr mitgegangen. Und sobald man spürt, dass es keinerlei Einschränkungen gibt, fühlt man sich dann auch beim Spielen unglaublich befreit.

Gab es Filme, die Sie zur Einstimmung anschauen sollten?

Nein, die Regisseure haben uns nur zwei Bücher zur Vorbereitung gegeben: "Gnadenlos" von Norman Mailer und die Gefängnisbriefe "In the Belly of the Beast", die Jack Henry Abbott an Mailer geschrieben hat.

Nach Ihrer Rolle als Vampir in der "Twilight"-Saga waren es Ihre Rollen bei David Cronenberg – vor allem "Cosmopolis" (2012), aber auch "Maps to the Stars" (2014) –, die Ihrer Karriere eine neue Wendung weg vom Teenie-Star gegeben haben. Sehen Sie das auch so?

Auf jeden Fall. Besonders "Cosmopolis" zählt zu den ungewöhnlichsten Filmen, die ich jemals gesehen habe. Die Rolle darin hat mir sehr viel Selbstbewusstsein gegeben. Und auch der Umstand, dass wir, Cronenberg und ich, wirklich gut zusammen arbeiten konnten... All diese Details stärken das Selbstvertrauen. Tatsächlich bin ich ja praktisch ins Schauspiel hineingefallen. Ich mochte Filme immer sehr und habe mir schon von klein an viele Filme angeschaut. Aber ich dachte nie daran, einmal Schauspieler zu werden – und es dauert eine Weile, bis man selbst daran glaubt.

Wenn Sie an Ihre Karriere denken: Was erscheint Ihnen da als die verrückteste Zeit?

Schwer zu sagen. Im Grunde geht es darum, eine Rolle zu bekommen, die man gerne spielen möchte. Wenn es wirklich mal richtig verrückt wurde, erschien mir das immer völlig abgehoben. Ich werde nie vergessen, wie ich einmal im Zuge einer Presse-Tour in München im Olympia-Stadion vor 30.000 Menschen stand und dort praktisch ein Live-Interview gegeben habe. Es war wie bei einem Pop-Konzert. Aber irgendwie war es mir auch recht, dass das alles so extrem jenseitig ablief, denn dadurch fühlte es sich unwirklich an wie ein Film.

Wie konnten Sie sich nach solchen Ruhm-Attacken wieder fokussieren?

Ich glaube, es gab nur einmal diesen Moment, da war ich 24 oder 25: Da habe ich darum gerungen, mein Leben genauso weiter führen zu können wie vor meiner Berühmtheit. Aber mit der Zeit wurde mir klar: Ich lebe jetzt ein anderes Leben. Und irgendwann kann man sich an das Leben "davor" gar nicht mehr erinnern. Es ist wie bei dieser Sieben-Jahres-Regel: Alle sieben Jahre wird man ein anderer Mensch. So gesehen weiß ich gar nicht mehr, wie mein Leben mit 21 ausgesehen hat. Also vermisse ich es auch nicht.

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