Autor Tadeusz Rozewicz mit 92 Jahren gestorben

Autor Tadeusz Rozewicz mit 92 Jahren gestorben
Der Lyriker und Dramatiker fiel in der Zeit des sozialistischen Realismus in Ungnade.

Der polnische Dichter und Bühnenautor Tadeusz Rozewicz ist im Alter von 92 Jahren in seinem Wohnort Breslau (Wroclaw) gestorben. Das meldete die polnische Nachrichtenagentur PAP am Donnerstag unter Berufung auf einen Sprecher des Stadtrats der niederschlesischen Metropole.

Rozewicz gehörte zu der Generation polnischer Dichter, die nach dem Zweiten Weltkrieg auch über die Grenzen Polens hinaus bekannt wurden. Seine frühen Gedichte waren auch eine literarische Aufarbeitung von Erlebnissen und der Erfahrung des Zweiten Weltkriegs - Rozewicz war in der Widerstandsbewegung aktiv, sein Bruder wurde von der Gestapo getötet. Viele Werke von Rozewicz wurden auch ins Deutsche übersetzt. Er wurde unter anderem mit dem Samuel-Bogumil-Linde-Preis der Städte Göttingen und Thorn für Verständigung und Versöhnung zwischen Deutschland und Polen ausgezeichnet.

Widerstandsbewegung

Geboren am 9. Oktober 1921 in Radomsko in Zentralpolen, erlebte Rozewicz als 18-Jähriger den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und schloss sich vier Jahre später der Widerstandsbewegung an. Er kämpfte mit der Waffe in der Hand gegen die deutschen Besatzer, sein Bruder wurde von der Gestapo hingerichtet. Als Partisan publizierte Rozewicz noch vor dem Kriegsende seinen ersten Gedichtband "Waldechos".

Nach 1945 studierte er Kunstgeschichte in Krakau. 1947 erschien sein Lyrikband "Niepokoj" (Unruhe) - ein großer Erfolg, der ihm einen festen Platz in der polnischen Literatur sicherte. Seine knappen, sprachlich asketischen Gedichte fanden auch in beiden deutschen Staaten viele Bewunderer: "Vierundzwanzig bin ich/gerettet/auf dem Weg zum Schlachten..." Auch in seinen Erzählungen ("In der schönsten Stadt der Welt", Carl Hanser Verlag, München 2006) setzte sich der ehemalige Kämpfer mit Leben und Sterben auseinander.

In der Zeit des sozialistischen Realismus fiel der Dichter - als Nihilist angeprangert - in Ungnade. Erst nach Stalins Tod (1953) konnte er seine literarischen Experimente fortsetzen. Er beschritt neue Wege als Dramatiker, suchte wie Beckett und Ionesco nach Ausdrucksmöglichkeiten für das offene Theater. Einige Kritiker wollten im Autor von "Die Kartothek", "Die Falle", "Der Hungerkünstler geht" oder "Die alte Frau brütet" einen Protagonisten des absurden Theaters sehen.

Polens Behörden hatten das Jahr 2011 zum Rozewicz-Jahr ausgerufen. Doch die Jubiläumsfeiern fanden ohne das Geburtstagskind statt. Rozewicz könne sich mit der Kommerzialisierung der Kultur, in der alles zur Ware geworden sei, nicht abfinden, erläuterte sein Übersetzer Andrzej Slomianowski. Der Poet hat den Rummel um seine Person immer gemieden.

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