Pianist Andras Schiff boykottiert Ungarn

Pianist Andras Schiff boykottiert Ungarn
Der Meisterpianist will nicht mehr in seinem Heimatland auftreten. Ein kritischer Leserbrief hatte ihm wüste Beschimpfungen eingebracht.

Der Pianist Andras Schiff meidet sein Geburtsland Ungarn. Grund ist ein kritischer Leserbrief über die Zustände im Land, den er in der Washington Post veröffentlicht hatte und der ihm in Ungarn Beschimpfungen wie "Saujude" eingebracht hat.

"Vor etwa einem Jahr habe ich in der Washington Post einen Leserbrief veröffentlicht, in dem ich die leise Frage stellte, ob Ungarn, das damals die EU-Präsidentschaft innehatte, reif für diese Aufgabe ist", sagte er dem Berliner Tagesspiegel. Die Gewalt gegenüber den Roma, der Antisemitismus, der Nationalismus der Regierung - das alles sei "nicht besonders europäisch".

Der Brief habe in Ungarn Stürme der Entrüstung ausgelöst. In einer der Regierung wohlgesinnten Zeitung seien abstoßende Dinge über ihn geschrieben worden, im Internet sei er als "Saujude" beschimpft worden. Danach habe er alle Konzerte in Ungarn abgesagt, sagte der 58-Jährige.

2000 sagte Schiff Konzerte in Österreich ab

Bereits im Jahr 2000 fiel der österreichisch-ungarische Pianist (Schiff hat einen österreichischen Pass) mit Boykottmaßnahmen auf. Damals sagte der Interpret von Mozart, Beethoven und Schubert aus Protest gegen die schwarz-blaue Regierung sämtliche Konzerte in Österreich ab. Vor allem der Aufstieg Jörg Haiders, den er "beschämend" und "unverzeihlich" nannte, veranlasste Schiff zu dieser Reaktion. "Die Politik und die Kunst können in der Tat nicht voneinander getrennt werden," betonte Schiff.

Schon damals wies der Pianist darauf hin, dass auch osteuropäische Länder wie sein Geburtsstaat Ungarn von rechtsextremen und nationalistischen Tendenzen betroffen seien. Daher gelte es, dagegen zu protestieren, um keine "Epidemie" in Europa entstehen zu lassen. Nur ein Jahr später, 2001, trat Schiff bereits wieder im Rahmen der Salzburger Mozartwoche in Österreich auf.

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