Peter Konwitschny über seinen "Don Carlos"

Peter Konwitschny über seinen "Don Carlos"
Peter Konwitschny studiert für die Wiederaufnahme Verdis "Don Carlos" neu ein. Ein Gespräch mit dem Regisseur.

Wer vor etwa sieben Jahren dabei war, wird diese Szenen nie vergessen. Denn nach der Premiere von Giuseppe Verdis "Don Carlos" glich das Haus am Ring einem verbalen Schlachtfeld. Grund für den massiven Kampf zwischen Bravo-Rufern und Buh-Schreiern: Regisseur Peter Konwitschny, der mit seiner Inszenierung der französischen Fassung der Oper das Publikum in zwei unversöhnliche Lager gespalten hatte. Ab kommendem Dienstag steht Konwitschnys längst zur Kult-Aufführung gewordene Inszenierung wieder auf dem Spielplan. Und Peter Konwitschny freut sich darauf.

KURIER: Herr Konwitschny, Sie studieren Ihre "Don Carlos"-Inszenierung neu ein. Hat sich Ihr Blick auf die Oper inzwischen geändert?
Peter Konwitschny:
Nein, ganz und gar nicht. Aber alle Mitwirkenden sind neu, und da gilt es, für die entsprechende Feinabstimmung zwischen den Sängern zu sorgen.

Freut es Sie, dass Ihre "Don Carlos"-Inszenierung nach all den Querelen Kultstatus erreicht hat?
(lacht) Naja, die Ballettszene ist immer Stein des Anstoßes. Aber es freut mich natürlich schon. Denn es zeigt, dass ich doch einiges richtig gemacht habe.

Sie waren immer sehr umstritten. Nach einer "Aida"-Inszenierung wurden Sie sogar mit Tomaten beworfen ...
Das hat mich damals sehr gekränkt. Im Laufe der Jahre aber habe ich gelernt, mit solchen Dingen umzugehen. Obwohl es natürlich manchmal immer noch schmerzt.

Auch bei Ihrer letzten Premiere am Ring, dem "Totenhaus" von Janácek, gab es wütende Proteste, als Sie im Zuschauerraum eine Schlägerei inszeniert haben ...
Aber haben Sie meine Reaktion darauf gesehen? Ich habe gelacht. Denn für so einen Abend – nach dem Motto ,Schauen wir uns doch einmal gemütlich an, wie es Sträflingen so ergeht" – bin ich nicht zu haben. Das Publikum soll mitten im Geschehen sein. Zurücklehnen, das gibt’s da nicht.

Mit dem "Totenhaus" haben Sie erstmals Janácek für sich entdeckt ...
Ja, ich werde auch noch andere Janácek-Opern machen, denn er ist für mich ein zukunftsweisender Komponist. Und unfassbar aktuell. ,Die Sache Makropoulos", ,Das schlaue Füchslein" und vielleicht sogar der ,Broucek" interessieren mich sehr. In Graz inszeniere ich fix ,Jenufa". Danach Goethes ,Faust I und II" an einem Abend mit Udo Samel. Meine Rückkehr zum Sprechtheater.

"Faust" ist nicht gerade das Einfachste ...
Zuletzt habe ich den ,König Lear" gemacht. Da geht halt nicht mehr viel drüber. Und drunter möchte man es halt auch nicht mehr geben.

Welche neuen Pläne haben Sie für Wien?
Ich mache im Theater an der Wien Verdis ,Attila". Das ist ein Stück ganz nach meinem Geschmack. Außerdem studiere ich im Theater an der Wien meine Grazer ,Traviata"-Regie neu ein. Mit Marlis Petersen als Violetta.

Und Richard Wagner?
Im Wagner-Jahr wird doch schon so viel Wagner inszeniert. Da muss ich nicht auch noch kommen. Zusätzlich sind etliche meiner Wagner-Arbeiten unterwegs. Aber dem Publikum den 20. neuen ,Ring" aufzudrängen, halte ich nicht für sinnvoll. Und für Sie wäre das erst furchtbar: 20 verschiedene ,Götterdämmerungen" – da hat man doch auch als Journalist irgendwann echt genug.

Also nie mehr ein Wagner von Konwitschny?
Das weiß ich nicht. (lachend) Vielleicht mache ich Wagner erst wieder, wenn ich Generaldirektor aller deutschsprachigen Bühnen bin.

Würde Sie das reizen?
(denkt nach, dann mit einem Lachen) Ja, warum eigentlich nicht?

"Don Carlos": Daten und Fakten

Peter Konwitschny über seinen "Don Carlos"

Werk: Verdis "Don Carlos" wurde in der fünfaktigen, französischen Fassung 1867 in Paris uraufgeführt. Für Frankreich musste Verdi die damals obligate Ballettszene komponieren. Die italienische Version ("Don Carlo") wurde erst in Bologna (1867) und dann in der vieraktigen Bearbeitung 1884 in Mailand aufgeführt. Die Staatsoper zeigt die Mailänder Fassung in einer Neuproduktion ab 16. Juni 2012.

Produktion: Regie: Peter Konwitschny. Dirigent: Bertrand de Billy. Es singen u. a.: Kwangchul Youn (Philippe II.), Yong­hoon Lee (Don Carlos), Ludovic Tézier (Rodrigue), Adrianne Pieczonka ( Elisabeth de Valois), Béatrice Uria-Monzon (Eboli).

Termine: 24. April (Wiederaufnahme). Reprisen: 28. April sowie 1. und 5. Mai 2012.

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