Paulo Coelho: Der letzte Hippie

Der brasilianische Bestseller-Autor Paulo Coelho
Bestsellerautor Paulo Coelho hat Millionen Fans und Follower auf Facebook und Twitter. Dabei braucht sein Glück nur drei Elemente – seine Frau sowie Pfeil und Bogen

Wunder oder Wahnsinn? Dieser Mann ist beides. Wenn Paulo Coelho auf Reisen geht, dann nie ohne ein Fläschchen mit Weihwasser aus Lourdes. Und wenn der Autor des modernen Märchens „Der Alchimist“ seiner Frau Christina zum Geburtstag gratuliert, schwurbelt er auf Facebook Zeilen wie diese: „Dein glückseliges Licht kann die finsterste Düsternis bejubeln. Danke, dass Du mein Leuchtturm bist.“

Blumige Sprache

Seine Ehefrau, die Künstlerin Christina Oiticica, kennt die blumige Sprache Paulos. Immerhin sind die beiden seit gut 40 Jahren ein Paar. Mit Worten umzugehen, hatte der stets schwarz gewandete Selfmademan schon gelernt, als er zuvor, in den 1970er-Jahren, Texte für eine brasilianische Hippie-Band verfasste. Heute kaum vorstellbar, aber als Coelho nach Wander- und Lehrjahren in Europa in Rio erstmals mit einem Manuskript bei einem Verlag vorstellig wurde, musste er sich Folgendes anhören: „Und glauben Sie wirklich, das will jemand lesen?“

"Coelho is god"

Zugegeben, es dauerte etwas, aber 215 Millionen verkaufte Bücher in 170 Ländern sprechen doch eine deutliche Sprache. „Coelho is god“, könnte man fast sagen. Und wirklich, Ruhm und Karriere setzten erst ein, nachdem der gescheiterte Jus-Student Anfang der 1980er-Jahre den Pilgerweg nach Santiago de Compostela zurückgelegt hatte.
„Erst die Möglichkeit, einen Traum zu verwirklichen, macht unser Leben lebenswert“, heißt es im „Alchimist“. Die Geschichte vom jungen Andalusier Santiago, der als Schafhirte die Welt kennen lernen möchte, spiegelt so auch das Leben Paulo Coelhos wider.

Sein Leben als Film

Vor Kurzem feierte er seinen Siebziger. Eigentlich erstaunlich für einen, der in seinem Leben nichts ausgelassen hat: Protest, Rebellion, Drogen. Ein Leben spannend wie ein Filmdrama. Und tatsächlich wurde Paulo Coelhos Vita vor einigen Jahren auf die Kinoleinwand gebannt. "Paulo Coelho's Best Story" kam bisher nur in Brasilien in die Kinos.

Kritik an Coelho

Zugleich muss der Autor damit leben, dass er von Kritikern als Wiederkäuer von Kalenderspruch-Weisheiten verunglimpft werden wird. Anna von Planta, seine deutschsprachige Lektorin beim Zürcher Diogenes Verlag, sieht das naturgemäß anders. „Paulo Coelho hat die Fähigkeit, die Themen und Nöte anzusprechen, die uns alle angehen“, erklärt sie die seit einem Vierteljahrhundert ungebrochene Beliebtheit. Sein Erfolgsrezept? „Er kleidet sie in einfache Fabeln, von denen sich Millionen von Menschen angesprochen fühlen.“

Paulo Coelho: Der letzte Hippie

Von Rio bis Tokio...

Und das überall auf der Welt: von Rio bis Tokio, von Wien bis Chicago. Als er vor drei Jahren Stargast bei Oprah Winfreys „SuperSoulSunday“ war, knackte er den schwierigen Markt der USA. Das Gespräch, natürlich auf YouTube, wurde in der Folge Millionen Mal abgerufen. Folgt bald der Umzug nach Hollywood? Im Gegenteil. Paulo Coelho, der Einsiedler, zieht sich noch weiter zurück. Seit einiger Zeit ist er nur 220 Kilometer Luftlinie entfernt von seinem Zürcher Verlag in Genf wohnhaft, dennoch wird man seiner nicht habhaft.

Eremit mit Pfeil und Bogen

Interview? Gibt er keines. Seine Zeit vertreibt er sich lieber mit etwas, was den meisten anderen lediglich ein Hobby ist: Bogenschießen. Mit einem Unterschied: Paulo Coelho macht daraus mit „Der Weg des Bogens“ einen neuen Bestseller. Worum es darin geht? Es ist die Geschichte von Tetsuya, dem besten Bogenschützen des Landes. Er gibt seine Lehre aber nicht an einen plötzlich auftauchenden Herausforderer weiter, sondern an einen einfachen Burschen seines Dorfes.

Auf den Punkt gebracht

Die Geschichte über die Kunst des Bogenschießens entpuppt sich - wenig überraschend - als Köcher voller Lebensweisheiten. Etwa: "Tue dich mit Menschen zusammen, die so geschmeidig sind wie das Holz deines Bogens." Oder: "Schieße tausend Pfeile ab, und jeder wird dir einen anderen Weg zeigen: Das ist der Weg des Bogens." Inspirierend für Coelho war dabei ein Buch des deutschen Philosophen Eugen Herrigel (1884-1955), "Zen in der Kunst des Bogenschießens."

Kommentare