Paolo Conte in Wien: Unheimlich gutes Grummeln

epa03758521 Italian singer Paolo Conte performs during a concert at the Jazz Fest Wien (Jazz Festival Vienna) at the Stadthalle in Vienna, Austria, 24 June 2013. The festival runs until 10 July. EPA/GEORG HOCHMUTH
Er nuschelt und grummelt mehr als er singt. Aber es hört sich trotzdem unheimlich gut an. Paolo Conte beim Jazz Fest Wien in der Wiener Stadthalle.

Jausenpakete für auf Kommerz-Mainstream getrimmte Ohren verteilt er aus Prinzip nicht. Italiens berühmtester Cantautore kitzelt lieber die Fantasie.
Seine von lässiger Schläfrigkeit geprägte Stimme: Sie knarzt wie eine durchgesessene alte Couch und kann den Damen angeblich ins Dekolleté kriechen.

Stimmungsbilder

Seine Lieder voller Poesie und Schwermut: Er singt sie nicht, aber es hört sich trotzdem alles unheimlich gut an.
Die Chansons sind Stimmungen und erreichen auch mühelos alle, die Italienisch nicht können.

Seine Musik: ein Mix aus sentimentalem Old School Swing, Jazz, Blues, Tanzpalast-Schwung, Tango und Klezmer, als wär’s eine jüdische Hochzeit.

Eindrücke vom Konzert

Paolo Conte in Wien: Unheimlich gutes Grummeln

AUSTRIA MUSIC
Paolo Conte in Wien: Unheimlich gutes Grummeln

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Paolo Conte in Wien: Unheimlich gutes Grummeln

JAZZ FEST WIEN: PAOLO CONTE
Paolo Conte in Wien: Unheimlich gutes Grummeln

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Paolo Conte in Wien: Unheimlich gutes Grummeln

JAZZ FEST WIEN: PAOLO CONTE
Paolo Conte in Wien: Unheimlich gutes Grummeln

JAZZ FEST WIEN: PAOLO CONTE
Paolo Conte in Wien: Unheimlich gutes Grummeln

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Oldies mit Patina

Zum Sound des sprechsingenden Brummbären wurden schon Kinder gezeugt – und Scheidungstragödien ertränkt.

Paolo Conte, der wie kein anderer Filmszenario und Tagtraum, Weltschmerz und Ironie zu kleinen Mini-Dramen bündelt, war beim Jazz Fest Wien Montag in der Wiener Stadthalle mit einem brillant aufspielenden zehnköpfigen Ensemble. Im Opener „Cuanta pasiòn en la vida“ krächzt der Piemonteser mit baritonaler Heiserkeit von der Leidenschaft im Leben. Die Nummer mit spanischem Kolorit hat Conte seinerzeit mit dem Gipsy-Kings-Gitarristen Mario Reyes und der Sängerin Carmen Amor aufgenommen.

Dann leuchten sanfte Balladen wie das gemütlich-bluesige „Sotto le stelle del jazz“ und „Madeleine“ neben „La negra“ im sinnlich-geschmeidigen Rumbarhythmus oder krachenden Burlesken wie „Come di“. Und Conte klingt dabei, als schabe man mit der flachen Hand über das Mikro, an dem seine Nase klebt.

Alle melodramatischen Miniaturen kommen mit mediterraner Leichtigkeit im lockeren parlando daher. „Azzurro“ hat der Barde mit dem Brummbär-Charme diesmal nicht im Repertoire.

Lakonisch dirigiert der 76-Jährige die Band durch Klassiker wie „Via con me“ mit dem lautmalerischen „chips, chips, du-du-du-du-du ...“, als wär’s ein Film von Fellini, aber auch Neueres wie „Alle prese con una verde milonga“.

Nach der Pause dreht die Rhythmusgruppe kräftig auf bei „Dancing“. Dazwischen gibt’s Kazoogetröte, zum Weiterträumen „Moresca – Paso Doble“ und ein Intermezzo am Marimbaphon.

Die Gipsy-Gitarren und der Grappelli-Sound der schluchzenden Geige geben manchen Nummern die Patina des Django-Reinhardt-Swing-Jazz. „Diavolo rosso“ wird zur Hetzjagd am Akkordeon und der launige Tango „L'orchestrina“ vom 2010 veröffentlichten Album „Nelson“ zum Kehraus. Als einzige Zugabe gibt’s das in legerem Pidgin getextete „Sijmadicandhapajiee“.

Dann fährt sich Conte mit der Handkante über den Hals, eine unmissverständliche Geste: Finito.

KURIER-Wertung: **** von *****

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