Othello: Der Intendant als Intrigant

Othello: Der Intendant als Intrigant
Kritik - William Shakespeares "Othello" auf der Rosenburg ist ein Abend mit Qualität.

Liebe, Aggression, Blut - diese Assoziationen ruft die rote Schräge hervor, die heuer schlicht die Zentralbühne der Rosenburg einnimmt (Bühnenbild Gudrun Lenk-Wane). Wie eine große Wunde liegt sie da und bildet den stimmigen Untergrund für Shakespeares Drama "Othello" mit seinen zahllosen seelischen Verwundungen.

Den Drahtzieher Jago, der Othellos Eifersucht bis zum Mord aufstachelt, hat sich Intendant Alexander Waechter selbst reserviert. Nun ist er kein martialisch-agiler Typ, also sucht (und findet) er einen anderen Zugang: über nuancierte Sprache, die freilich die Zotenhaftigkeit des Originals ausblendet, schafft er eine Inkarnation der Banalität des Bösen und lässt Jagos Kalkül wie einen Businessplan ablaufen. Und der wirkt …

Othello ohne Klischees

Nikolaus Okonkwos Othello ist wohltuend dezent - kein Augenrollen, kein Zähnefletschen, keine Klischees, dafür ein Mensch, der allmählich die Kontrolle verliert. Daneben wirkt Marie-Christine Friedrichs Desdemona zart und zerbrechlich, kann aber auch gehörige Energie entfalten. Regisseurin Sylvie Rohrer baut die Beziehungen ihrer Protagonisten exakt auf, doch sind die Spannungsbögen über die Distanzen der Arenabühne nicht immer leicht zu halten. Cheryl Shepard als Emilia und Claudia Kottal als laszive Bianca steuern treffende Frauen-Miniaturen bei, die weiteren Herren agieren typgerecht. Ein Abend mit Qualität!

KURIER-Wertung: **** von *****

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