Osttirol: Über 500 Jahre alter BH gefunden

Osttirol: Über 500 Jahre alter BH gefunden
Ein 2008 auf Schloss Lengberg aufgetauchter Büstenhalter wurde nun auf das 15. Jahrhundert datiert. Eine kulturgeschichtliche Sensation.

Die Kulturgeschichte der Unterwäschemode muss wohl umgeschrieben werden. Bisher sei man davon ausgangen, dass Büstenhalter erst vor rund 100 Jahren erstmals verwendet worden seien, und Frauen im Mittelalter "Unterkleider aus Leinen" trugen, sagt Beatrix Nutz. Die Archäologin untersuchte vier Büstenhalter, die ein Forscherteam der Universität Innsbruck im Jahr 2008 im Zuge von Renovierungsarbeiten auf Schloss Lengberg bei Nikolsdorf in Osttirol gefunden hatte. Nunmehr stehe durch an der ETH-Zürich abgenommene Proben fest, dass die Stücke ungefähr im Zeitraum zwischen 1440 und 1485 - also noch zur Zeit des Spätmittelalters - getragen wurden, erklärte Nutz im Gespräch mit der APA.

   Auch durch eine Altersbestimmung mittels der C14-Methode (Radiokohlenstoffdatierung, Anm.) sei man laut Nutz zu diesem Schluss gekommen. "Wir haben zunächst selber nicht daran geglaubt und haben es für unmöglich gehalten, dass so etwas bereits im Mittelalter getragen wurde", meinte die Archäologin.

BH galt als Erfindung des späten 19. Jahrhunderts

Osttirol: Über 500 Jahre alter BH gefunden

Bisher gab es auch noch keine Beweise dafür, dass vor dem 19. Jahrhundert Körbchen-BHs existiert hätten. Als "Erfinderinnen" des Büstenhalters galten bisher unter anderem die französische Lingerie-Pionierin Herminie Cadolle im späten 19. Jahrhundert und Mary Phelps Jacob, die 1910 einen BH erfand, der große Akzeptanz fand (mehr zu Dessous im Wandel der Zeit finden sie hier).

Da die Spitze des Osttiroler Büstenhalters vergleichsweise aufwändig genäht sei, liege die Vermutung nahe, dass der BH von der Gräfin des Schlosses getragen wurde, wie ORF.at die Forscherin zitiert. Außerdem sei das verwendete Leinen recht fein, so Nutz.

Zwei der Büstenhalter seien nicht mehr komplett erhalten, gleichen aber frappierend heute verwendeten Teilen. Die beiden anderen Funde würden wie "ärmellose Hemden mit eingebauten Körbchen" aussehen, berichtete die Wissenschafterin.

Der gräfliche BH soll nun restauriert und dann wahrscheinlich am Fundort der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Insgesamt habe man im Schutt einer Gewölbezwickelfüllung der Decke zwischen erstem und zweitem Obergeschoß über 2.700 Textilfragmente entdeckt. Darunter befand sich auch eine Männerunterhose aus demselben Zeitraum. "Wir werden nicht bei allen sagen können, was es war. Aber mindestens 20 Stücke werden wir ungefähr rekonstruieren können", sagte Nutz.

   Unter anderem verfüge man über Teile von Hemden und Kleidern sowie über Halsausschnitte von Hemden. Nutz kündigte an, im Jahr 2014 eine wissenschaftliche Publikation unter dem Titel "Unters Kleid geguckt. Die Textilien aus der Zwickelfüllung von Schloss Lengberg" veröffentlichen zu wollen.

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