Oscar-Nominierungen: Flucht ins knallbunte Glücksbonbon

Ryan Gosling und Emma Stone in "La La Land": 14-mal für den Oscar nominiert
"La La Land" erhielt 14 Nominierungen, Isabelle Huppert hat erstmals eine Oscar-Chance.

Beinahe schon wieder langweilig ist jener Überschwang, mit dem Hollywood eine Hommage auf sich selbst mit Oscar-Nominierungen überhäuft: "La La Land", das knallbunte Glücksbonbon-Musical von Damien Chazelle, wurde 14 mal nominiert – und reihte sich damit bei den Rekordhaltern "All About Eve" und "Titanic" ein.

Neben bestem Film erhielt Wunderknabe Chazelle eine Nominierung für beste Regie, Ryan Gosling und Emma Stone als beste Hauptdarsteller. Das Trump-geschockte Hollywood sucht offenbar in einem eskapistischen Musical Zuflucht vom rauen Wind der Gegenwart.

Nach "La La Land" kommt also erst einmal lange nichts, dann folgen mit jeweils acht Nominierungen Dennis Villeneuves kühles Sci-Fi-Rätsel "Arrival" und das schwarze Schwulendrama "Moonlight". Mit jeweils sechs Nominierungen stellen sich dahinter Kenneth Lonergans berührendes Familienporträt "Manchester by the Sea", die indische Familiensuche "Lion" und Mel Gibsons rasselndes Kriegsdrama "Hacksaw Ridge" an. Mit seinem Weltkriegs-Heldenepos gelang Gibson tatsächlich so etwas wie ein Comebackfilm, denn offensichtlich hat ihm Hollywood – zumindest teilweise – seine anti-semitischen Ausfälle vergeben, mit denen er sich 2005 ins Unrecht gesetzt hatte.

Nicht nur weiß

Nach zwei Jahren, in denen ausschließlich weiße Schauspieler und Regisseure für Oscar-Nominierungen für würdig befunden wurden, konnten diesmal einige schwarze Künstler in die Kandidatenliste aufrücken: Vielleicht hat der im letzten Jahr gestartete "Diversity-Aufruf" #OscarsSoWhite doch gefruchtet, vielleicht macht sich die langsame Hinwendung von den 7000 Mitgliedern der Academy zu mehr Frauen und nicht-weißen Menschen langsam bemerkbar. In jedem Fall wurden heuer so viel wie noch nie, nämlich sechs schwarze Schauspieler nominiert, darunter Denzel Washington als bester Hauptdarsteller in "Fences", Barry Jenkins als bester Regisseur für "Moonlight" und Mahershala Ali als dessen bester Nebendarsteller, ebenso wie Ruth Negga als beste Hauptdarstellerin in "Loving".

Sieger und Verlierer

Erstmals in ihrer langen Karriere erhielt die furchtlose Isabelle Huppert eine Oscar-Nominierung als beste Hauptdarstellerin für die schwarze Komödie "Elle", während die Academy ihre langjährige Liebesbeziehung mit Meryl Streep weiter fort führt und sie zum – schnarch – 20. Mal für einen Oscar nominierte; diesmal für ihr Spiel als talentlose Opernsängerin "Florence Foster Jenkins". Ihr Partner Hugh Grant, übrigens, dem man auch eine Nominierung vergönnt hätte, ging leer aus, ebenso wie sein Kollege Tom Hanks als Pilot "Sully".

Bei den Damen zählte Amy Adams aus "Arrival" zu den Verlierern, nachdem sie sich etwa gegen Natalie Portman als "Jackie" nicht hatte durchsetzen können.

Als beste Schauspieler gehen noch Casey Affleck als traumatisierter Hausmeister in "Manchester by the Sea" und Andrew Garfield als Soldat in Gibsons "Hacksaw Ridge" an den Start.

Vom Standpunkt der Kinokassen hat es heuer kein kommerzielles Zugpferd in die Bestenlisten geschafft. Anders gesagt: "Inception" war keines dabei – und "Deadpool", einer der wenigen Superhelden-Blockbuster, der auch noch veritable Kritiken erhalten hatten, erhielt keine Nominierung.

Am 26. Februar findet die 89. Oscar-Preisverleihung statt. Gastgeber ist Comedian Jimmy Kimmel. Er soll helfen, die fallenden Einschaltquoten zu stoppen.

Deutschland jubelt und Österreich ein bisschen: Die deutsch-österreichische Koproduktion "Toni Erdmann" wurde als bester nicht-englischsprachiger Film in die Liste der Oscar-Nominierten aufgenommen. Damit ist der Film einer unter fünf Kandidaten für den Auslands-Oscar. Die schräge Tragikomödie von Regisseurin Maren Ade, koproduziert von der österreichischen Coop 99, erzählt von einer angespannten Vater-Tochter-Beziehung. An der Seite von Sandra Hüller als verbissener Unternehmensberaterin spielt der österreichische Schauspieler Peter Simonischek die Hauptrolle des aufdringlichen Vaters, der seiner karrierebewussten Tochter mit falschen Zähnen und einer schlechten Perücke auf die Nerven geht (siehe Seite 28).

"Toni Erdmann" hat bislang eine Berg- und Talfahrt in Sachen Preisregen hinter sich: Der Film wurde bei seiner Premiere in Cannes mit frenetischer Begeisterung seitens des Publikums und der Kritik aufgenommen, erhielt aber von der Preisjury keine einzige Auszeichnung.

Dieses Versäumnis wurde dann bei der Verleihung des Europäischen Filmpreises nachgeholt, wo "Toni Erdmann" gleich fünf Preise bekam.

Weniger Glück hatte die Dramedy wiederum bei Hollywoods Auslandsjournalisten: Bei der Verleihung des Golden Globe war "Toni Erdmann" zwar als bester nicht-englischsprachiger Film nominiert, ging aber leer aus.

Den letzten Auslands-Oscar konnte Deutschland mit "Das Leben der Anderen" einheimsen – doch das war vor zehn Jahren.

Der letzte Film, der offiziell für Deutschland ins Rennen um den Auslands-Oscar ging, war 2010 "Das weiße Band" von Michael Haneke.

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