ORF-Wahl: Wrabetz ist neuer, alter General

ORF-Wahl: Wrabetz ist neuer, alter General
Alexander Wrabetz wurde mit großer Mehrheit als ORF-Generaldirektor wiedergewählt. Spekuliert wird über Personalabsprachen

Alexander Wrabetz ist am Dienstag erwartungsgemäß als ORF-Generaldirektor bestätigt worden. Beim Wahlgang am Nachmittag erhielt er 29 von 35 Stimmen im ORF-Stiftungsrat und somit eine satte Mehrheit. Sechs Stiftungsräte enthielten sich der Stimme. Nach dem langjährigen General Gerd Bacher ist Wrabetz erst der zweite Amtsinhaber an der Spitze des Öffentlich-Rechtlichen, dem eine Wiederwahl gelingt.
Die neue Amtsperiode erstreckt sich von Jänner 2012 bis Dezember 2016. Gegenkandidat Christian Wehrschütz erhielt kein einziges Votum. Im Jahr 2006 war Wrabetz mit 20 Stimmen zum ORF-Chef gekürt worden.

Eine Wahl, viele Gewinner

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Dafür, dass das Ergebnis schon im Vorhinein feststand, war die Aufregung groß: Zig Journalisten, Fotografen und Kameraleute tummelten sich Dienstagmittag vor dem Sitzungssaal, in dem der ORF-Stiftungsrat den neuen - alten - Generaldirektor wählte. Hektisches Blitzlichtgewitter, sobald sich eine der beiden schwarzen Türen öffnete: Auch wenn dann meistens nur ein armer Stiftungsrat heraustrat, den ein dringendes Bedürfnis quälte. Zweieinhalb Stunden nahm der ORF-Aufsichtsrat Wrabetz ins Kreuzverhör. Nicht, dass er die Stiftungsräte noch groß von sich hätte überzeugen müssen. Bereits vor dem Hearing stand eine eindeutige Mehrheit für Wrabetz fest. Fraglich war nur, wie viele bürgerliche Stiftungsräte ihm die Stimme verweigern.

Sechs Enthaltungen

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Nachdem pro forma noch "Gegenkandidat" Christian Wehrschütz gehört worden war, stand fest: 29 Stimmen für Wrabetz, fünf Enthaltungen aus dem bürgerlichen Lager, dazu jene des Unabhängigen Alexander Hartig. "Gegenstimme durch Enthaltung" nannte das ÖVP-Freundeskreissprecher, Franz Medwenitsch. Das Stimmverhalten der ÖVP-Räte - ein Teil stimmte für Wrabetz, ein Teil enthielt sich - sei als "zweite Chance" zu verstehen.
Wrabetz freute sich über die "breite Zustimmung": Er nehme die Wahl "ohne Übermut und mit großem Ernst" entgegen.

Die große Mehrheit für ihn stand fest, seit sich der ÖVP-"Freundeskreis" Montag mehrheitlich für den amtierenden General entschieden hatte. Das Votum von Rot, Grün und Orange hatte Wrabetz seit 11. 11. 2010, dem Tag der Abwahl von Info-Direktor Elmar Oberhauser.

Personal-Absprachen

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Hintergrund der Zustimmung waren wohl Absprachen über Gebührenerhöhung und -refundierung sowie übers Personal. Nur einige kolportierte Beispiele:
Bei der SPÖ soll trotz der Aufregung um seine Interventionen Stiftungsrat Niko Pelinka in eine Stabsstelle der Generaldirektion wechseln - kein Dementi von Wrabetz dazu. Ebenfalls nicht dementiert: Der Wechsel der Stiftungsratsvorsitzenden Brigitte Kulovits-Rupp in den ORF-Burgenland. Als fix gilt: der rote Stiftungs- und Betriebsrat Michael Götzhaber als Technikchef.

Beispiel ÖVP: ORF-Wirtschaftschef Richard Grasl verhinderte die Totalopposition der Partei. Im Gegenzug erhält er stärkeren Zugriff aufs Programmbudget.
Gerhard Klein, Hauptabteilungsleiter für Bildung und Zeitgeschehen, soll mehr Kompetenzen bekommen. Auch für die aktuellen Dienste in TV und Radio gibt es Absprachen. So könnte Stefan Gehrer stellvertretender Innenpolitikchef werden.

Beispiel Blau und Orange:
Onlinedirektor Thomas Prantner soll als Vizechef der Technik-Direktion in einer Leitungsfunktion bleiben. Das Match in Kärnten zwischen BZÖ und FPK um die Nachfolge von Landesdirektor Willy Haslitzer tobt noch.
Die Grünen dürften wohl leer ausgehen.

Direktorium und Landesdirektionen werden am 15. September gewählt. Karl Amon bleibt Radiodirektor. Für die Fernsehdirektion sucht Wrabetz eine Frau.

Polit-Reaktionen: Lob "für breite Akzeptanz"

20 Minuten nach Veröffentlichung des Wahlergebnisses stellte sich der erste Gratulant ein: Medien-Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ) freute sich über die "breite Akzeptanz". SPÖ-Mediensprecher Josef Cap sagte, der ORF setze "seinen erfolgreichen Weg" fort.
ÖVP-Mediensprecher Karlheinz Kopf, der Wrabetz lieber nicht mehr als Chef gesehen hätte, kommentierte das Ergebnis nicht. ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch sagte: "Diese Mehrheit für Wrabetz bedeutet, dass man ihm noch eine Chance gibt."

Positiv reagierten BZÖ und Grüne. BZÖ-Mediensprecher Stefan Petzner: "Ich halte seine Wahl für richtig. Kritikern kann ich nur sagen, sie hätten selbst kandidieren sollen." Der Grüne Dieter Brosz befand, Wrabetz stehe vor großen Herausforderungen. Dabei gehe es nicht nur um den Spardruck, sondern auch um versuchten politischen Einfluss von Rot und Schwarz, dem der ORF mit Unabhängigkeit und Qualität begegnen müsse.

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