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ORF: Keine politischen Tweets vor Wahl

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz (R) und Stiftungsrat Thomas Zach
Großer Graben zwischen Rot und Schwarz im Stiftungsrat. Wrabetz will die Channelstruktur Anfang 2018 operativ machen.

Der Tag begann schroff: "Der Generaldirektor soll endlich anfangen, seinen Job zu machen", sagte der schwarze Fraktionsführer im ORF-Stiftungsrat, Thomas Zach, vor Beginn der Sitzung zu Journalisten. Er kritisierte die verschobene Channel-Struktur für ORFeins und ORF 2 wegen der Nationalratswahl. Er habe den Eindruck, der "Arbeitsgrundsatz" des Generaldirektors sei "aufgeschoben ist abgesagt", kritisierte Zach. Der so angesprochene Alexander Wrabetz will "nach der Wahl" am 15. Oktober die beiden Channelmanager ausschreiben. Ab 1. Jänner sollen diese ihren Job aufnehmen, versicherte der ORF-Chef. "Noch im heurigen Jahr wird das ausgeschrieben und besetzt", kündigte er an. "Das zementieren wir dann ein, unabhängig von der neuen Regierung."

Ihm zur Seite sprang der neue rote Fraktionschef, Heinz Lederer: Wrabetz habe die Verschiebung der Strukturreform in seinem Bericht "ausführlichst" begründet, findet er. Ein "Change Prozess bringt interne Hahnenkämpfe" mit sich, und das könnten die Redaktionen in Zeiten, in denen sie auf Hochtouren über den Wahlkampf berichten müssten, nicht brauchen. Das Thema Social-Media-Richtlinien kam ebenfalls wieder einmal aufs Tapet. "Es wird keine neue Social-Media-Richtlinie geben", sagte Wrabetz dazu im Gespräch mit Journalisten. Was aber demnächst anstehe: Die vor Wahlen übliche "interne Mitteilung" an alle ORF-Beschäftigten, von jeglichen Aktivitäten, die als "Unterstützung oder Ablehnung" einer Partei gedeutet werden könnten, abzusehen. "Das gilt natürlich auch für soziale Medien", sagte Wrabetz.

Standort-Fragen

Dem ORF-Standort war ein eigener Tagesordnungspunkt gewidmet. Auch hier sah Zach schon davor den Generaldirektor in der Pflicht: Er müsse bei der Wiener Stadtpolitik, namentlich Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne), "die Schlagzahl erhöhen". Wrabetz selbst wiederholte seinen im Finanzausschuss des Stiftungsrats dargelegten Fahrplan: Liegen die Widmungsentscheidungen nicht bis Jahresende vor, muss ein "Plan B" her. Wie dieser aussehen sollte, ließ er offen. "Der ist auszuarbeiten", erklärte er.

Vier Augen light

Zur Kenntnis genommen wurde die neue Geschäftsordnung der ORF-Geschäftsführung. Wrabetz hatte ja bei seiner Bewerbung davon gesprochen, als Alleingeschäftsführer eine Board-Lösung einzuführen. Daraus wurde ein Vier-Augen-Prinzip light: "Wichtige Beschlüsse, insbesondere jene, die dem Stiftungsrat vorzulegen sind, sowie wesentliche Personalentscheidungen werden gemeinsam im Geschäftsführungsboard beschlossen und besprochen", so der zentrale Inhalt laut Wrabetz. Viel mehr als besprechen dürfen die Fachdirektoren jedoch nicht, denn der Generaldirektor hat ein Dirimierungsrecht (seine Stimme gibt bei Uneinigkeit den Ausschlag), Beschlüsse gegen seine Stimme sind überhaupt nicht möglich: "Alleinverantwortlicher Geschäftsführer muss ich ja bleiben", verwies er auf das ORF-Gesetz. Auch hierzu gab es Kritik vom ÖVP-Fraktionsführer: Zach kritisierte das als "Minimalvariante" und forderte weiter ein Vier-Augen-Prinzip ein.

Letzter Stand bei den Quoten: ORFeins und ORF 2 kamen im Mai auf 31 Prozent (gegenüber 33,2 Prozent 2016). ORFeins erzielte einen Marktanteil von 10,1 Prozent, um 0,8 Punkte weniger als im Mai 2016. ORF 2 lag bei 20,9 Prozent – minus 1,4 Punkte gegenüber 2016. Begründet wird dies mit den starken Quoten durch die Bundespräsidentenwahl im Jahr 2016.

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