ORF: Das Wrabetz-Konzept im Überblick

ORF: Das Wrabetz-Konzept im Überblick
Der amtierende ORF-General möchte für eine mögliche zweite Amtszeit einen höheren Werbeanteil und pocht auf Gebührenrefundierung.

Der amtierende ORF-Generaldirektor und aussichtsreiche Wiederbewerber um diese Funktion, Alexander Wrabetz, hat am Freitag sein Konzept vorgelegt. In seinem am Vormittag gemeinsam mit den anderen Bewerbungen verschickten Schreiben an die ORF-Stiftungsräte geht aus 115 Seiten hervor, wie der ORF der kommenden Jahre aus Wrabetz' Sicht aussehen soll, gepaart mit einer Bestandsaufnahme. Im Folgenden die Schwerpunkte des Wrabetz-Konzepts im Überblick:

GESCHÄFTSAUFTEILUNG
Die ORF-Geschäftsführung besteht aus der Generaldirektion, der Fernsehdirektion, der Hörfunkdirektion, der Kaufmännischen Direktion, der Technischen Direktion sowie aus neun Landesdirektionen. Im Fernsehen sind Channelmanager angedacht, aber noch nicht fix: Deren Einführung "wird zu prüfen sein", heißt es.

GEBÜHREN
Gebühren sollen wie bisher "nach Notwendigkeit" an die Inflation angepasst werden, reale Erhöhungen sollen nicht kommen. Wrabetz weist daneben "auf gesellschaftspolitisch bedenkliche Lücken" in der Erfassung hin. Abhilfe könnte etwa eine Haushaltsabgabe nach deutschem Vorbild schaffen. Auf eine vollständige unbefristete Gebührenrefundierung pocht Wrabetz weiter. Die bis 2013 befristete teilweise Gebührenrefundierung sei ein Etappensieg.

WERBUNG
Wrabetz will für einen höheren Werbeanteil im Fernsehen Lobbying betreiben, denn der Fernsehanteil von 23 Prozent am Werbekuchen sei mit Ausnahme Irlands "der kleinste Europas". Zeitliche Werbebeschränkungen im TV seien "zu überdenken". Im Onlinebereich will Wrabetz gegen inhaltliche und erlösseitige Beschränkungen der Werbung vorgehen.

MARKTANTEILE
Entsprechend der zunehmenden Segmentierung in junge und ältere Seherschichten und der zunehmenden Verbreitung über Online-Kanäle will Wrabetz neue Benchmarks in der Publikumsmessung etablieren. Tagesmarktanteile seien "jedenfalls auf Dauer kein valider Parameter für die TV-Nutzung", heißt es dazu im Konzept. Hierzu sei eine Annäherung der TV-"Währung" an jene anderer Mediengattungen anzustreben.

FERNSEHFLOTTE
Wrabetz will die "Flottenstrategie auch im TV umsetzen". Soll heißen: Den "Flaggschiffen ORF eins und ORF 2" sollen "Beiboote" in Form der Spartensender ORF III, Sport Plus und 3sat beigestellt werden. Auch ein zweistündiges Programmfenster im deutschen öffentlich-rechtlichen "Kinderkanal" (Ki.Ka) soll kommen. ORF eins und ORF 2 sollen ein noch stärkeres Zielgruppenprofil erhalten

FERNSEHPROJEKTE
Die Frühinformation soll wie angekündigt ausgebaut werden. Ergebnisse einer eingesetzten Arbeitsgruppe sollen in den kommenden Monaten evaluiert werden. Der ORF will auch mit einem eigenen Medienmagazin in die Fachberichterstattung einsteigen - auch in eigener Sache. Auf ORF 2 soll eine mehrteilige Dokumentationsreihe über "Die Österreicher" eine Geschichte der heutigen Republik von Urzeit bis EU-Beitritt erzählen. Dazu kommt ein Zeitgeschichteschwerpunkt ("Die 2. Republik"), und eine Dokureihe namens "Themen der Zeit", die sich - von Klimawandel bis Finanzkrise - selbiger annehmen soll.

THEMENSCHWERPUNKTE
Wrabetz will die bisher über alle ORF-Mediengattungen gesetzten Themenschwerpunkte weiter fortsetzen, behandelt werden Nachhaltigkeit und Energiewende, Integration, Armut, Alter, Medienzukunft und der 100. Jahrestag des Beginn des Ersten Weltkrieges. Der ORF soll sich auch der Jugend annehmen und eine Plattform bieten, ein Schwerpunkt wird auch auf die Medienkompetenz von Kindern gelegt

ORF 2
Der zweite Hauptkanal soll ebenfalls ein neues Design erhalten. Ziel ist es, bereits 2012 damit On Air zu gehen.

RADIO
Das Aufrücken der Regionalradios zu Ö3 will Wrabetz korrigieren. Auch die Positionierung des Hitradios soll überdacht werden. Dieses sei in seiner Positionierung "etwas älter geworden".

ONLINE
Die Onlinedirektion wird gestrichen, die Agenden werden künftig in einer Stabsstelle gebündelt, die in der Generaldirektion oder in einer der anderen Direktionen angesiedelt werden soll. Eine mögliche Vermarktung der TVthek bleibt weiter Thema und soll evaluiert werden, sendungsbasierte Angebote sollen ausgebaut werden. Neue Erlösquellen im Bereich Smartphone- und Tablet-Applikationen werden angestrebt, "allerdings nur in Übereinstimmung oder in Kooperation mit den heimischen Printanbietern".

CROSS MEDIA
Die Zusammenarbeit über die Mediengattungen soll verstärkt werden. ORF eins soll wie bei "Song Contest" und "Die große Chance" weiter stark mit Ö3 kooperieren, ORF III zukünftig mit Ö1 und die Bundesländer mit ORF 2.

STANDORT
Verbleib am Küniglberg oder Absiedelung werden weiter überprüft. Fest stehe lediglich, dass damit "keinerlei Personal-Abbau-Maßnahmen verknüpft sind".

TECHNIK
Der Tapeless-Workflow soll weiter ausgebaut werden. Auch der HD-Ausbau soll fortgeführt werden. 3D-Fernsehen behandelt man noch zurückhaltend. Eigene Produktionstechnik "ist derzeit kein Planungsszenario".

FILMFÖRDERUNG
Die strategische Partnerschaft mit dem österreichischen Film soll gepflegt werden und das Vergabevolumen von Filmförderungen "zumindest auf hohem Niveau gehalten werden, im Rahmen der Möglichkeiten sogar ausgebaut werden".

KORRESPONDENTEN
Das Korrespondentennetz des ORF soll nach der Eröffnung von Büros in Peking und Istanbul nach Möglichkeit ausgebaut werden. Neue denkbare Standorte sieht Wrabetz in Südamerika, Süd-/Zentralafrika oder Südostasien.

SPORTRECHTE
Große Sportereignisse für den ORF sind unter anderem die Olympischen Spiele (Verhandlungen 2014/2016 "vor dem Abschluss"), die Fußball-WM 2014, die Fußball-EM 2012 sowie die Formel 1 (2012-2016). Auch Europa-League-Rechte für die Saisonen 2012/2013 bis 2014/2015 hat der ORF erworben. Die Fußball-Bundesliga überträgt der ORF fix bis 2012/2013, die demnächst ausgeschriebenen Rechte des ÖSV für Ski Alpin und Nordisch haben "oberste Priorität".

EINSPARUNGSVORGABEN
Der Paragraf 31 des ORF-Gesetzes, der unter anderem Pro-Kopf-Einsparungsvorgaben enthält, soll weiter bekämpft werden.

PERSONALENTWICKLUNG
Ein Konzept für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter für freiwerdende Stellen soll erarbeitet werden. Der vom Gesetz vorgeschriebene Frauenanteil von 45 Prozent soll unter anderem anhand eines Gleichstellungsplans erfüllt werden.

LÄNDER
An den Landesstudios wird nicht gerüttelt. Sie seien "Garanten für gelebten Föderalismus im ORF und stellen regionale Identität sicher".

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