ORF: Bei den Finanzen droht die baldige Krise

Umbau im obersten ORF-Gremium.
In ihren Bewerbungen sind sich Alexander Wrabetz und Richard Grasl dahingehend einig

Küniglberg, wir haben demnächst ein Problem: Die beiden aussichtsreichsten Kandidaten für die ORF-Generaldirektion, Alexander Wrabetz und Richard Grasl, sehen die Finanzen des Unternehmens unter Druck. Beide streichen dies in ihren Bewerbungsunterlagen hervor: "Die Ertragslage ist für die kommenden Jahre heftigen Turbulenzen ausgesetzt", schreibt etwa Grasl in seinem Konzept. "Höchstgerichtliche Urteile in Sachen Dienstzeiten oder Werbebeschränkungen drücken ebenso wie die steigenden Kosten für Lizenzen und Valorisierungen die Ergebnisse nach unten. Der Werbemarkt ist heftiger Konkurrenz ausgesetzt, und die Gebühren kommen wegen des Urteils, dass bloßes Streaming künftig zu keiner Gebührenpflicht mehr führt, ebenfalls unter Druck." Die Einführung einer Haushaltsabgabe erwartet Grasl "frühestens 2020", sie sei daher für die kommende Geschäftsführungs- und Finanzierungsperiode kaum von Relevanz. Selbst mit der noch gar nicht beantragten Gebührenerhöhung im Herbst drohe für die kommenden Jahre eine Lücke von jährlich 30 bis 50 Millionen Euro. Grasl will dem Sender darüberhinaus eine Strukturreform verpassen und finanzielle Mittel von der Verwaltung und der Technik ins Programm umleiten. Verwaltungsaufwand und Technikkosten sollen massiv reduziert werden. Durch eine "Neuorientierung der Technik" will der Finanzdirektor zu "kostengünstigeren Produktionsmethoden" kommen.

Gesetzgeber gefragt

Wrabetz plädiert für gesetzliche Änderungen bei Online-Werbung und Gebühren. Um "auf die aktuellen Trends am Werbemarkt reagieren zu können und auch mittelfristig eine Partizipation an Online-Werbeerlösen zu ermöglichen, muss dem ORF ein größerer Handlungsspielraum eingeräumt werden", argumentiert der amtierende ORF-Chef in seinem Konzept. Auch Wrabetz sieht "die Säule Programmentgelt angesichts der höchstgerichtlichen Judikatur immer stärker ins Wanken" geraten. "Hier bedarf es einer Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen." Für die Zukunft hält sich Wrabetz mit konkreten Zahlen zurück, er weist aber in seinem Konzept auf Maßnahmen der vergangenen Jahre hin: "Der ORF bilanziert seit 2010 sowohl im Konzern als auch in der Muttergesellschaft durchwegs ausgeglichen. Ermöglicht wurde dieser wirtschaftlich erfolgreiche Kurs durch das 2007 eingeleitete Sparprogramm. Seither wurde der Personalstand im ORF um 1121 Vollzeitäquivalente reduziert. Die Rating-Agentur Euler Hermes habe das Unternehmen zuletzt mit dem Top-Rating AA- bewertet, betont Wrabetz.

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