Opern auf Reisen: Der perfekte Häusertausch

Opern auf Reisen: Der perfekte Häusertausch
Das ist ein bisschen wie Wiener Piccata und Schnitzel Milanese: Erstmals tauschten Staatsoper und Scala für ein und denselben Tag die Bühnen.

Gastspiele der Staatsoper hat es schon viele gegeben. Auch in der Scala, dem geschichtsträchtigsten Opernhaus der Welt. Nun gab es aber einen einzigartigen Kulturaustausch: Noch nie zuvor waren die Musikgiganten gleichzeitig im jeweils anderen Theater aufgetreten. Das Wechselspiel der beiden Paläste entwickelte sich zum fast perfekten Häusertausch.

Dabei hatte es bis kurz davor ein kleines Fragezeichen gegeben, ob der Auftritt in Mailand überhaupt stattfinden könne. Der Grund dafür waren Streikdrohungen der Platzanweiser. Die jüngeren wollten den selben Kollektivvertrag wie die älteren. Man kann sich bei den vielen Subgewerkschaften ausmalen, wie leicht es ist, Direktor der Scala zu sein.

Hundertschaften

Opern auf Reisen: Der perfekte Häusertausch

Stéphane Lissner, der beneidenswert-bedauernswerte Mann, und sein Wiener Kollege Dominique Meyer hatten das Gastspiel vereinbart, Michael Ecker organisierte die Reisen. Man kann den Aufwand erahnen, wenn man weiß, dass die Scala mit 280 Personen nach Wien und die Staatsoper mit mehr als 200 nach Mailand kam. Dass in der Nähe von Mailand, konkret in Monza, gerade schnell Auto gefahren wird, machte die Hotelbuchung nicht einfacher.

Orchester und Chor der Staatsoper reisten Freitag vormittag nach Mailand an, da waren die Solisten und Dirigent Franz Welser-Möst schon eingetroffen. Dieser war am Vorabend noch bei "Arabella" eingesprungen und nahm die 7-Uhr-Morgen-Maschine. Alles für sein Opern-Debüt an der Scala: Er hatte dort davor erst zwei Konzerte dirigiert.
Wenn die Verantwortlichen der Scala gut zugehört haben, werden sie alles daran setzen, den Wiener Generalmusikdirektor künftig langfristig für Opern einzuladen: Er begeisterte mit dem Staatsopernorchester bei der konzertanten Aufführung von Beethovens "Fidelio" und erntete mit den Musikern am Ende Standing Ovations. Kurze Zeit brauchte es, um sich auf die trockene Akustik in der Scala einzustellen, dann brillierte das Orchester mit seiner Klangkultur, mit Präzision (abgesehen von ein paar Unsicherheiten beim Horn) sowie höchster Dynamik und Differenzierung bei der 3. Leonoren-Ouvertüre.

Fabelhafter Chor

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Auch die Protagonisten und der fabelhafte, von Thomas Lang einstudierte Chor trugen wesentlich zum Triumph bei: Nina Stemme ist die zurzeit denkbar beste Leonore mit beeindruckender Höhe und berührenden Ausbrüchen. Peter Seiffert singt den Florestan heldisch und traumhaft schön. Hans-Peter König ist ein mächtiger Rocco - er war an der Staatsoper leider noch nie zu erleben. Den Don Pizzaro (Albert Dohmen) wünscht man sich dramatischer, den Minister (Markus Marquardt), die Marzelline (Anita Hartig) und den Jaquino (Norbert Ernst) genauso.

Einen "Fidelio" auf diesem Niveau hört man so gut wie nie. Wäre fein, wenn sich dieses Ensemble auch in der Staatsoper einfände.

Samstag früh ging es für den Chor schon wieder zurück nach Wien, während das Staatsopernorchester als sein eigenes Alter Ego, die Wiener Philharmoniker, mit dem Bus drei Stunden nach Montreux fuhr (für ein Konzert mit Yannick Nezet-Seguin) und heute weiter nach Luzern (mit Welser-Möst) reist. In diesem Fach ist Österreich wirklich Weltspitze und international begehrt.

KURIER-Wertung: ****
* von *****

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