Hollywood-Export Harald Kloser: "Ich wäre daheim geblieben"

Der Österreicher Harald Kloser verwirklichte als Produzent, Autor und Komponist mit Roland Emmerich bereits mehrere große Blockbuster

Österreichs erfolgreichster Hollywood-Export derzeit heißt Harald Kloser.

"Harald wer?" werden sich vielleicht diejenigen fragen, die beim Vorspann von Filmen nur die Namen der Schauspieler und bestenfalls die der Regisseure lesen, nicht aber die von Produzenten, Drehbuchautoren und Komponisten. Harald Kloser vereint diese drei Funktionen in (s)einer Person.

Hollywood-Export Harald Kloser: "Ich wäre daheim geblieben"
Producer Harald Kloser (L), director Roland Emmerich and actor Jeff Goldblum (R) pose at the Hand and Foot Print Ceremony for Emmerich in Hollywood, California U.S., June 20, 2016. REUTERS/Danny Moloshok
Gemeinsam mit Regisseur Roland Emmerich sorgte Kloser bereits für Kassenschlager wie "The Day after Tomorrow", "10.000 B.C." und "2012". Und sein aktueller Kinohit, "Independence Day: Wiederkehr", soll nach Schätzungen des Branchenblatts Variety schon am ersten Wochenende rund 45 Millionen Euro einnehmen.

Nächster Untergang

Das Klingen der Kinokassen ist für Kloser nicht nur in seiner Eigenschaft als Komponist ein angenehm harmonischer Ton – als Produzent ist er, wie schon bei den bisherigen Filmen, an den Brutto-Einspielergebnissen beteiligt. Kloser hat bereits ein nächstes Projekt in Planung – wieder als Produzent, Drehbuchautor und Komponist, wieder mit Emmerich und wieder ist es ein Weltuntergangsszenario, diesmal unter dem Titel "Moonfall": Eine Gruppe Menschen muss die Erde vor dem herabstürzenden Mond retten.

Sein Privatleben gibt Harald Kloser nur ungern preis. Er stammt aus Hard in Vorarlberg, seinen Traumberuf fand er mit der zweiten selbstgekauften Schallplatte: Morricones Soundtrack zu "Spiel mir das Lied vom Tod". Nach einem "erheblichen Umweg" mit eigener Band und als Songschreiber etwa für Falco ("Nachtflug") kam er zum Film. Seine damalige Ehefrau, Schauspielerin und Moderatorin Desirée Nosbusch, und sein Freund Robert Dornhelm ermutigten ihn zum Sprung über den großen Teich, nach Los Angeles, wo er mit seiner zweiten Frau und drei Kindern lebt.

KURIER: Wie schwierig war es, "Independence Day 2" zu finanzieren? Man hat ja den Eindruck, dass es in den USA leichter ist, genügend Geld für einen Hunderte Millionen teuren Blockbuster aufzutreiben, als für einen kleinen, künstlerisch anspruchsvollen Film.

Harald Kloser: Viel leichter! Die großen US-Studios brauchen Blockbuster-Filme an strategisch wichtigen Terminen. Und da müssen sie zwei Jahre vorausplanen. Bei künstlerisch anspruchsvollen Filmen ist dieser Prozess ganz anders. Finanzierungen müssen meistens aus vielen Bausteinen zusammengetragen werden: Förderungen, Vorverkäufe, TV-Stationen, Crowd-Funding etc. Produzent eines solchen Projekts zu sein ist ein völlig anderer Beruf als der, den ich ausübe.

Man hat auch den Eindruck, dass sich Blockbuster-Produzenten immer mehr nach dem chinesischen Markt orientieren.

China ist im Begriff, der wichtigste Kinomarkt zu werden. Klar schielt man in die Richtung. It’s Showbusiness.

Hat das anspruchsvolle europäische Kunst-Kino, von dem Sie ja sehr stark geprägt sind, noch eine Chance?

Für gute Geschichten gibt es immer Platz, da bin ich grundsätzlich optimistisch. Was sich ändern wird, ist die Form des Erzählens – durch die Virtual Reality und Spezial-Effects. Wobei ich klar sagen muss, dass die technischen Spielereien nicht mein Ding sind. Meine Wurzeln sind am Lagerfeuer, wenn die Sonne untergeht mit einer Gitarre und fünf Akkorden im Gepäck ...

Ist das ein Grund, Erfolg als Blockbuster-Produzent aufzubauen, um genügend Einfluss zu erlangen, auch Stoffe verwirklichen zu können, die einem dann selbst am Herzen liegen?

Ich weiß nicht ob das so funktioniert. Bis jetzt auf jeden Fall nicht. Ich habe ein sehr persönliches Drehbuch mit dem Titel "Ticket to Lagos", bei dem mir immer das Herz aufgeht, wenn ich’s alle Jahre mal lese. Und trotz aller Verbindungen und mehrerer Versuche, diesen kleinen Film zu finanzieren, ist es mir nicht gelungen, die nötigen 4 Millionen zusammen zu bringen. Bin gerne bereit, das Drehbuch von "Ticket to Lagos" jedem Investor zum Lesen zu schicken. Diesen kleinen Film zu realisieren, wäre mein größter Traum.

Sie haben auch Drehbücher zu großen Filmen geschrieben – wie "10.000 B.C." und "2012". Wie hoch ist dabei der Spaßfaktor? Denkt man dabei: "Was könnte einem möglichst breiten Publikum gefallen" – oder in erster Linie an das, was einem selbst Vergnügen bereitet?

Roland und ich sagen immer: Lass’ uns etwas schreiben, das wir selber gerne im Kino sehen würden. Große Geschichten, große Bilder, große Gefühle … und hoffentlich große Einnahmen. Klappt zwar nicht immer, aber wenn’s hinhaut, ist der Spaßfaktor riesig. Nein, im Ernst, man denkt beim Schreiben nicht so viel nach. Meistens fängt es mit einer aberwitzigen Idee an… "Was wäre, wenn wir die Geschichte der Arche Noah im Jahr 2012 erzählen würden?"

Sehen Sie sich auch als Komponist in erster Linie als Geschichtenerzähler?

Die Musik war meine erste Liebe. Lange vor dem Drehbuchschreiben und dem Produzieren. Ich habe vor 25 Jahren mit meinem Musiker-Kollegen Tommy Schobel die Koffer gepackt. Das waren ganz schön viele. Die Synthesizer, Mischpult, Hallgeräte, Synclavier … Voller Hoffnung sind wir in Höchst über die Grenze gefahren, haben das Zeug ausgeführt und zwanzig Stunden später in Los Angeles wieder eingeführt. Den Mut hätte ich heute mit Sicherheit nicht mehr. Wir hatten damals schon eine ziemlich coole Karriere in Österreich und in Deutschland. Wir hatten mit Jose Feliciano, Al Jarreau, Falco, Klaus Lage und sogar Tom Waits gearbeitet. Wir dachten, Amerika wird uns mit offenen Armen empfangen… Holy shit! Hätte ich gewusst, wie schwierig das Ganze wird, ich wäre wahrscheinlich daheim geblieben.

Von Gabriele Flossmann

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