Nostalgie in Kabul: Filmfest zeigt Afghanistan vor dem Krieg

epa03738454 Afghan security officials stand guard at the scene of an insurgent attack that targeted Kabul International Airport adjacent to a NATO compound in Kabul, Afghanistan, 10 June 2013. Seven Taliban insurgents were killed 10 morning during a battle with troops at Kabul international airport. No causalities among civilians or troops have been reported yet. EPA/S. SABAWOON
Alte Filme zeigen bunte und friedliche Glanztage vor den Kriegen.

In diesen Tagen erwacht das alte Afghanistan: Frauen in Schlaghosen oder engen Röcken sind zu sehen, junge Paare, die öffentlich miteinander tanzen oder gemeinsam Musik hören. Es sind längst vergessene Szenen, die in diesem Monat beim Filmfestival in Kabul wieder zum Leben erweckt werden, allerdings nur auf Leinwänden. Gezeigt werden Filme aus den Jahren vor dem Krieg. "Wir sind, wer wir nicht sind", lautet das Motto des Festivals.

"So hat Afghanistan einmal ausgesehen. Schau dir an, was wir damit gemacht haben", sagt Habib Wardak nach der Vorführung von "54", einer Dokumentation über die Städte Kabul, Herat und Masar-i-Scharif im Jahr 1975. "Schuld daran sind die politischen Parteien, Kriegsherren, religiöse Fanatiker und Amerikaner, die ihre Kriege führen." Die Filme machten sie "traurig und wütend", sagt Studentin Roya Zamanee. "Wir sind die Kriegsgeneration, in einem Krieg geboren, in einem anderen aufgewachsen. Wir haben keine Ahnung, wie das Leben vor dem Krieg war."

Sehnsucht nach Frieden

Er sei neidisch auf die Menschen, die damals lebten, sagt ein anderer Afghane, der nicht namentlich genannt werden will. "Warum bin ich nicht in dieser Ära geboren?", fragt er sich. "Die Menschen haben in Frieden gelebt. Man kann die Vergangenheit nicht mit heute vergleichen", sagt er. "Ich sehe das zum ersten Mal und es macht mich wirklich traurig, wie schön und ruhig Afghanistan einmal war." Nach mehr als drei Jahrzehnten Krieg ist Afghanistan heute ein zerrissener Vielvölkerstaat.

Es sei wichtig, diese Filme öffentlich zu zeigen, sagt Schala Naimi, einer der Veranstalter vom Aga Khan Trust for Culture, der das bis Ende Juli laufende Festival zusammen mit dem Afghan Film Department organisiert. Die Filme seien Dokumente einer längst vergangenen Zeit. "Wir müssen unsere Geschichte als Afghanen verstehen." Sie werde viel zu oft falsch erzählt oder manipuliert. "Unser Land hat vieles durchlebt, Gutes und Schlechtes." Unterstützt wird das Festival von den Botschaften Deutschlands und Norwegens.

Ein Stück Normalität

Mitten im historischen Garten von Babur - eine Enklave der Ruhe in Kabul - werden die Filme und Dokumentationen auf mehreren Leinwänden gezeigt, viele in Schwarz-Weiß. Im Hintergrund knattern 16- und 35- Millimeter-Projektoren. Bereits am ersten Tag kamen Hunderte Zuschauer. Einige der Filme sind bis zu 90 Jahre alt. Sie zeigen beeindruckende Landschaften, historische Stätten oder Reisen afghanischer Präsidenten. Andere machen die freie Gesellschaft von einst sichtbar. Auch eine Modenschau für Frauen aus den 1960er ist dabei.

"Familien, die solche Dinge sonst nie gesehen hätten, können in den Garten kommen, Popcorn essen und mit ihren Kindern lachen", sagt Naimi. "Viele der Filme werden zum ersten Mal gezeigt", erklärt Ibrahim Arifi vom afghanischen Kulturministerium. An einigen Filmrollen sei über ein Jahr lang gearbeitet worden. "Sie lagen im Staub oder waren verbrannt. Sechs Gruppen von uns haben ein Jahr lang daran gearbeitet, sie in alten Speichern zu finden und zu retten."

Zur Zeit des Taliban-Regimes zwischen 1996 und 2001 waren Filme als unislamisch verboten und zerstört worden. Doch einige Exemplare konnten gerettet werden, sie wurden entweder gestohlen oder in geheimen Speichern aufbewahrt. "Einige Filme sind dabei für immer verloren gegangen, was bedauernswert ist", sagt Naimi.

von Subel Bhandari /dpa

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