Neue Zugänge zu einer Kunst des Augenblicks

Marilia Furman, Not-simultaneous and combined evolution of crash, 2015
Die Ausstellung "Now/Here" am Franz-Josefs-Kai 3 füllt Lücken im Wiener Kunstgeschehen.

Dass Kunst nicht immer von vorne bis hinten durchgeplant sein muss, sieht man an Raphael Heftis ausdrucksstarken Fotogrammen („Lycopodium“): Der Schweizer legt Fotopapier in einem Bunker aus und initiiert eine Staubexplosion – was dann den Weg aufs Foto findet, kann er nicht beeinflussen. Gerade deshalb beeindrucken die Fotos mit ihrer enormen Bandbreite an Form- und Farbkombinationen.

Hier und jetzt

Mit diesem und vielen anderen Werken stellt die Gruppenausstellung NOW/HERE die Ästhetik des Augenblicks in den Vordergrund: „It’s ’here’ and ’now’, and nowhere else“, lautet das Motto.

Das Konzept von Marlies Wirth und Andreas Duscha ist auf die Begegnung von heimischen und internationalen Künstlern angelegt. Die Ausstellung will eine Ergänzung zum Wiener Kunstangebot sein und den Raum der ehemaligen BAWAG Contemporary neu beleben, was mit mit starken, aktuellen Werken durchaus gelingt.
Materialien und Herstellungsverfahren geben Einblick in das breite Spektrum des zeitgenössischen Kunstschaffens und wecken mit ihrer teils ungewohnten räumlichen Inszenierung die Neugier. Zugleich weisen die Werke untereinander enge Verbindungen auf. Zum Beispiel korrespondiert Lisa Oppenheims Video-Installation „Smoke“, in der Rauchschwaden katastrophaler Brände isoliert und als Wolken auf Leinwände projiziert werden, mit Max Schaffers „Cloud“, die aus silbernem Sandwich-Papier besteht.

Das wohl aufwändigste Projekt ist die Installation „Not-simultaneous and combined evolution of crash“ der brasilianischen Künstlerin Marilia Furman: Jeweils ein Eis- und ein Wachsblock von gleicher Größe werden von darüber platzierten Heizlampen parallel geschmolzen.

Was zunächst wie ein poetisches Plädoyer für das Miteinander aussieht, geht auf den zweiten Blick viel tiefer: Die Blöcke sind eine Anspielung auf die Instabilität der brasilianischen Finanz- und Wirtschaftssysteme, die Installation ist letztendlich selbstzerstörerisch.

Zweiter Blick

Für viele Werke gilt: Zweimal hinsehen lohnt sich. Was vorerst wirkt, als gehöre es zum Innenleben der Wände, könnte sich als subtiles, aber nicht minder aussagekräftiges Kunstwerk entpuppen. Das wurde I. Toulianous Werk „The Medium Is The Message“ zum Verhängnis, als ein Filmteam die fragile Glasskulptur versehentlich zu Bruch gebracht hat. Sie kehrt nächste Woche restauriert in die Ausstellung zurück, die bis 21. Februar im Ausstellungsraum FRANZ JOSEFS KAI 3 zu sehen ist.

Kommentare