Netflix-Serie "The Crown": Die Königin hat Eheprobleme

Die zweite Staffel von „The Crown“ (ab 8. Dezember bei Netflix) ist die letzte mit Claire Foy als Elizabeth
Die Netflix-Serie über Königin Elizabeth geht in die zweite Staffel – mit Fokus auf Privates.

Von Gabriele Flossmann

"The Crown" – die von ROMY-Preisträger Peter Morgan erdachte Netflix-Erfolgsserie rund um die britische Queen Elisabeth – geht in die nächste Runde. Ab dem 8. Dezember werden zehn weitere Folgen hindurch die Intrigen, Affären und Machenschaften im Buckingham Palace zelebriert. Zu üblen Gerüchten rund um Prinz Philip, ehelichen Probleme und Schwierigkeiten mit dem potentiellen Thronfolger Prinz Charles kommen Begegnungen mit den führenden Köpfen des 20. Jahrhunderts wie mit John F. Kennedy und seiner Frau Jackie.

Die zweite Staffel ermöglicht wieder aufschlussreiche Blicke hinter die Selbstinszenierung einer Königin und in ihre Gedankenwelt unter den pastellfarbenen Hüten.

Dritte Staffel

Peter Morgan arbeitet inzwischen schon an der dritten Staffel von "The Crown". Die in den bisherigen zwanzig Folgen dahingealterte Hofgesellschaft wird dann von neuen Schauspielern dargestellt – wie etwa Olivia Colman, die von Claire Foy die Rolle der Queen übernehmen wird. Fortsetzungen über die weiteren Jahrzehnte des royalen Lebens sind geplant. Was sich in dieser längsten Regentschaft, die die Welt bisher gesehen hat, alles abgespielt hat, bietet jedenfalls reichlich Erzähl- und auch Zündstoff: Wie etwa die Beendigung der Apartheid in Südafrika.

Netflix-Serie "The Crown": Die Königin hat Eheprobleme
Peter Morgan

KURIER: Sie haben die erste "ROMY International" gewonnen. Wo steht sie jetzt?

Peter Morgan: Sie steht in London auf meinem Kaminsims. Alle Leute, die mich besuchen, fragen: Ist das ein Oscar? Und ich sage: Nein, aber so etwas Ähnliches (lacht).

Am 8. Dezember beginnt die neue Staffel von "The Crown". Welchen Lebensabschnitt der Queen erzählen Sie in den kommenden Folgen?

Diesmal geht es um die Jahre von 1957 bis 1964. Die neue Queen-Darstellerin kommt erst in der dritten Staffel, an der ich gerade schreibe. Diesmal liegt der Fokus mehr auf dem Privatleben und den Eheproblemen der Royals. Natürlich wissen wir alle, dass Königin Elisabeth und Prinz Philip vor Kurzem erst ihren 70. Hochzeitstag gefeiert haben. Ihre Ehe war also letztendlich erfolgreich. Aber es gab nach etwa zehn Ehe-Jahren eine ziemlich schwierige Zeit.

Da liegen ja noch mindestens 60 weitere Lebensjahre der Königin vor Ihnen, die sicher noch viele Folgen füllen könnten. Wie lange soll die Serie fortgesetzt werden?

Bisher wurde vier Staffeln in Auftrag gegeben, die dann bis zum Jahr 2020 laufen werden. Ich habe also in den nächsten drei Jahren noch eine Menge Arbeit vor mir.

Serien sind gerade der große Hit der internationalen Fernsehanstalten und Streamingdienste. Glauben Sie, dass dieser Hype anhalten wird?

Netflix-Serie "The Crown": Die Königin hat Eheprobleme
The crown

Höchstwahrscheinlich schon. Und das macht mein Leben gerade sehr anstrengend. Denn es ist ja offensichtlich, dass die heutigen Serien viel anspruchsvoller daherkommen als die früher übliche Fernsehware. Das Publikum erwartet heutzutage von jeder einzelnen Folge Kinoqualität. Diese Erwartungshaltung wird nun von Netflix und Co an uns weitergegeben. Früher war es klar, dass man für einen Kinofilm mehr Zeit braucht. Aber jetzt wollen plötzlich alle diese Qualität auch in den Fernsehproduktionen – und das womöglich zehn Mal pro Jahr. Das erzeugt enormen Druck.

Wird dieses Überangebot von qualitätvollen TV-Produktionen in naher Zukunft auch die Existenz der Kinos gefährden?

Meine letzten Kino-Besuche haben mich alle ein wenig deprimiert. Ich mag es nicht, wenn rund um mich Popcorn und stark riechendes Fastfood verzehrt und laut mit den Sitznachbarn geschwätzt wird. Wahrscheinlich hat das Kino deshalb auch seine Bedeutung als Kulturtempel verloren. Stattdessen haben wir uns inzwischen daran gewöhnt, Filme im gepflegten Umfeld der eigenen Wohnung zu genießen. Das Kino reagiert meiner Meinung nach falsch auf diese Krisensituation.

Was wäre Ihr Rezept dagegen?

Man sollte wieder mehr auf die Geschichtenerzähler hören – also auf die Drehbuchautoren (lacht). Denn die Menschen wollen ihre eigenen Freuden und Ängste auf der Leinwand sehen und nicht nur Außerirdische, Roboter und Spezialeffekte.

Was wird also aus dem Kino?

Ich bin traurig, dass das Kino an Bedeutung verliert, aber man muss da realistisch sein. Wir sind ein einer Übergangsphase. Filmemacher und Journalisten rufen zwar – wie zuletzt beim Festival von Cannes – immer lauter: "Es lebe das Kino!" und machen Streamingdienste wie Netflix für die Krise verantwortlich, aber das kommt mir ein wenig vor wie der Protest der Londoner Taxi-Fahrer gegen Uber. Uber gibt es – das lässt sich nicht mehr wegdiskutieren. Außerdem ist eine Fahrt mit einem der traditionellen Londoner Taxis auch nicht immer ein Vergnügen! Meistens haben sie kein Wechselgeld dabei und akzeptieren – im Gegensatz zu Uber – keine Kreditkarten. Man fühlt sich da manchmal wie in den 1970er Jahren. Einen ähnlichen Wandel hat es seither im Verhältnis zwischen Kino und Fernsehen gegeben. Durch das Internet wird das Fernsehangebot immer größer und größer. "The Crown" wird zum Beispiel an einem einzigen Tag in 190 Länder übertragen – und es werden ständig mehr.

Königin Elisabeth II. ist über 90 Jahre alt. Denken Sie da auch manchmal daran, was mit Ihrer Serie passiert, wenn es sie eines Tages nicht mehr gibt?

Nein, daran denke ich beim Schreiben nie! Ihre Mutter wurde immerhin 101 Jahre alt! Und Prinz Philip fährt mit seinen 96 Jahren immer noch eine Pferdekutsche. Außerdem möchte ich betonen: In zehn Jahren arbeite ich auf gar keinen Fall mehr an dieser Serie! Dass ich diese Serie gerade jetzt schreibe, hat auch nichts mit einer zynischen Erwartung zu tun, dass der Tod von Königin Elisabeth unserer Show zu einem zusätzlichen Popularitäts-Schub verhelfen könnte! Außerdem bin ich sicher, dass im Falle ihres Ablebens jede Fernsehanstalt der Welt sofort an Dokumentationen und Filmen über ihr Leben und Wirken arbeiten würde – sollten diese nicht schon längst fertig und vorbereitet sein. Das wird das sicher größte Medien-Event des CNN-Zeitalters. Nach "The Crown" würde dann kein Hahn mehr krähen.

Was werden Sie tun, wenn es die Serie nicht mehr gibt? Werden Sie die Queen und all die anderen Figuren, mit denen Sie sich ja täglich stundenlang auseinandersetzen, vermissen?

Nein, auf keinen Fall! Das ist mein Job. Wenn ein Maler ein Bild vollendet, bricht er ja auch nicht zusammen. Er setzt sich hin und malt ein neues Bild. Ich würde jetzt schon gerne andere Dinge schreiben, aber ich habe mich verpflichtet, noch weitere zwanzig Folgen zu schreiben. Aber vielleicht finde ich einen Autor, der mich zumindest bei einigen Folgen ersetzen kann. Ich möchte für die dritte und vierte Staffel nur mehr je sechs Teile schreiben nicht mehr alle zehn. Wenn Sie jemanden kennen, der statt mir weiterschreiben könnte, lassen Sie es mich bitte wissen.

Sie haben viele Episoden der ersten und zweiten Staffel in Wien geschrieben. Werden Sie das auch weiterhin tun?

Ich schreibe überall wo ich gerade bin. Und da ich wegen meiner Kinder oft in Wien bin, schreibe ich auch viel von "The Crown" in Wien. Außerdem liebe ich Wien! Ich lebe zwar in London, aber Wien ist für mich zu einer zweiten Heimat geworden.

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