Es war ein schwieriges Theaterjahr: Der Burg-Finanzskandal überschattete die Saison. Auch bei der Nestroy-Gala konnte man sich dem Thema nicht entziehen – obwohl es versucht wurde: Im Vorfeld wurde heftig um den Moderationstext des Kabarett-Trios "Wir Staatskünstler" gerungen. Thomas Maurer, Florian Scheuba und Robert Palfrader ließen sich scharfe Pointen über Burg, ORF und Politik aber nicht verbieten: So nannten sie die "kreative Buchführung" der Burg eine "neue Kunstform".
Im Mittelpunkt stand aber die Kunst. Zurbesten Nachwuchsschaupielerin wurde Raphaela Möst für ihre Gestaltung der Agnes in "Die Geschichte vom Fräulein Pollinger" (Josefstadt) gewählt. Möst: "Bis jetzt habe ich nur Unfug gewonnen, etwa einen Nussknacker."
Den Preis für diebeste Ausstattung bekam Hans Kudlich für sein Bühnenbild zu Georg Büchners "Woyzeck" im Volkstheater. Sein Kommentar: "Endlich."
Das beste Stück schrieb laut siebenköpfiger Kritiker-Jury der Schotte David Greig: "Ereignisse" (Schauspielhaus).
In der Kategoriebeste Nebenrolle gewann Peter Matić für "Die letzten Tage der Menschheit" (Burg/Salzburg): "Ich muss ein Spätentwickler sein. Ich spiele über 50 Jahre und habe nie einen Theaterpreis gewonnen."
Die beste Bundesländer-Aufführung kommt aus Linz: Theater Phönix, Nestroys "Höllenangst" in der Regie von Susanne Lietzow: "Es ist schön, für einen Nestroy einen Nestroy zu bekommen."
Gutes Stichwort: DerSpezialpreis ging nach Schwechat zu den Nestroyspielen. Peter Gruber sorgt dort seit Jahrzehnten für zeitgemäßes Sommertheater. Gruber dankte – Johann Nestroy.
Die beste Regie war in Graz zu erleben: Krystian Lupa zeigte am dortigen Schauspielhaus, wie man Thomas Bernhards Roman "Holzfällen" auf die Bühne bringt.
Bester Schauspieler wurde Burg-Hamlet August Diehl: "Hier Theater zu spielen ist großartig!" Zurbesten Schauspielerin wurde Nicole Heesters als Vera in "Vor dem Ruhestand" (Josefstadt) gekürt: "Ich bin glücklich und erstaunt zugleich, denn ich wollte diese Rolle eigentlich nicht spielen..."
Der Nestroy für die beste Off-Produktion ging an Ed Hauswirths böse Groteske "Der diskrete Charme der smarten Menschen" im TAG (Wien-Gumpendorf). Intendant Ferdinand Urbach: "Bei uns werden die Schauspieler frisiert und nicht die Bilanzen."
DenPublikumspreis bekam Maria Happel: "Ich gestehe, das Publikum und ich – wir lieben uns."
Die beste deutschsprachige Aufführung war in München zu sehen, wo Intendant Martin Kušej am Residenztheater Goethes "Faust" inszenierte. Kušej nahm – wie Lupa und Greig – den Preis nicht persönlich entgegen.
Und dann gab es noch eine kabarettreife Vierer-Conference mit Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny und den sehr bissigen "Staatskünstlern".
Höhepunkt des Abends war derLebenswerk-Preis für Klaus Maria Brandauer. Istvan Szabo – er drehte mit ihm den Oscar-prämierten Film "Mephisto" – formulierte als Laudatio eine Liebeserklärung an Brandauers Gesicht. Brandauer wandte sich an seine Kollegen: "Ich bin so gern dabei! Wir lieben uns – und, Maria, du hast ganz recht, das Publikum!"
Beste Schauspielerin Nicole Heesters als Vera in "Vor dem Ruhestand" von Thomas Bernhard, Theater in der Josefstadt
Bester Schauspieler August Diehl als "Hamlet", Shakespeare, Burgtheater
Beste Nebenrolle Peter Matić für "Die letzten Tage der Menschheit" von Karl Kraus, Salzburger Festspiele/Burgtheater
Beste Regie Krystian Lupa für "Holzfällen" von Thomas Bernhard, Schauspielhaus Graz
Bester Nachwuchs Raphaela Möst als Agnes in "Die Geschichte vom Fräulein Pollinger" von Horváth, Josefstadt
Beste Ausstattung Hans Kudlich für "Woyzeck" von Georg Büchner, Volkstheater
Spezialpreis Peter Gruber für die Nestroyspiele Schwechat
Beste Off-Produktion "Der diskrete Charme der smarten Menschen", TAG
Beste Deutschsprachige Aufführung "Faust", inszeniert von Martin Kušej/ Münchner Residenztheater
Beste Bundesländer-Aufführung "Höllenangst", Regie: Susanne Lietzow,Theater Phönix Linz
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