Nackte aus Silikon im Museum der Moderne

Nackte aus Silikon im Museum der Moderne
Das Museum der Moderne Salzburg präsentiert das Werk von Evan Penny: Spektakuläre Skulpturen, die den gewohnten Blick auf Bilder und Körper hinters Licht führen.

Der windschiefe nackte Mann, der wie ein verzerrter Michelangelo-David im Treppenaufgang des Salzburger Museums der Moderne am Mönchsberg steht, offenbart sein Geheimnis auch aus nächster Nähe nicht. Von welcher Seite man ihn auch betrachtet, er wirkt wie eine optische Täuschung, dabei steht er als Skulptur doch massiv und riesenhaft im Raum.

„Wie macht er das bloß?“, fragen sich wohl alle Besucher an diesem Punkt, und die Frage wird sie in der Werkschau von Evan Penny – der ersten großen Präsentation des kanadischen Künstlers in Österreich – noch lange begleiten.

Penny schafft in einem aufwendigen Verfahren Skulpturen aus Silikon, er bildet die kleinsten Äderchen, Fältchen und Härchen nach, gießt Augen aus Kunstharz. Das Handwerkszeug dazu verdankt der 1953 geborene Künstler einer ersten Karriere beim Film – unter anderem schuf er für Oliver Stones „JFK“ jenen Kopf John F. Kennedys, der in der Attentats-Szene in Nahaufnahme explodiert.

Nackte aus Silikon im Museum der Moderne

evan penny
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Echt unecht

Dass Pennys Skulpturen „lebensecht“ wirken, trifft den Punkt seiner Arbeit dennoch nicht: In seinem Werk geht es vielmehr um die Ungereimtheiten der Bilderwelt, an die sich das menschliche Auge im Photoshop-Zeitalter irgendwie gewöhnt hat. Kommen die aus der Computer-Bildsprache bekannten Effekte – Farbverschiebungen, Nachbearbeitungen, Verzerrungen – allerdings in Form einer drei Meter großen Skulptur daher, wird die Sache unheimlich.

In Werkserien, die auch die Etappen der chronologisch angelegten Ausstellung bilden, widmet sich Penny speziellen Problemen an der Grenze zwischen Abbild und Wirklichkeit: Die Gruppe „No One – in particular“ etwa zeigt keine tatsächlich existierenden Personen, sondern frei erfundene Gesichter, die möglichst „real“ wirken sollen. Erst das Foto der Skulptur lässt die Grenze zu einem Porträt völlig verschwimmen. Auch die „Stretches“ – Nachbildungen lang gezogener Gesichter – sind frei modelliert, erst in einer am Computer entzerrten Fotografie kommt ein gewöhnliches Porträt hervor – obwohl es dabei noch weiter von der angreifbaren Welt entfernt wird.

Hirn denkt mit

Das Besuchergehirn kann freilich auch ohne die Rechenleistung von Computern Anomalien in der Bildwahrnehmung ausbügeln, Fehlstellen ergänzen. Penny nutzt diesen Umstand geschickt aus. Weil seine Werke unbewusste Mitarbeit erfordern, bekommen sie einen seltsamen Status – es sind Skulpturen, sie fühlen sich beim Betrachten aber wie Bilder an.

Dass die Schau am Ende mehr ist als ein elaboriertes Spiegelkabinett, liegt wohl daran, dass Penny so kompromisslos darauf zielt, die Besonderheiten der Wahrnehmung im digitalen Zeitalter bewusst zu machen.

Ob der dabei erzielte Erkenntnis-Effekt auch über lange Zeit haltbar ist, kann nur die Zeit zeigen. Einiges in Pennys Formensprache lässt sich mit etwas Fantasie mit dem Körperverständnis von Brancusi oder Giacometti in Verbindung bringen. Andere Elemente erinnern jedoch eher an „hyperrealistische“ Bildhauer wie Duane Hanson oder John de Andrea: Deren Werke versetzten die Leute in den 1960ern und ’70ern ebenfalls in Staunen – und wirken heute seltsam angestaubt.

Evan Penny: Schau am Mönchsberg

Der Künstler: Evan Penny, 1953 in Südafrika als kanadischer Staatsbürger geboren, wurde nach Arbeiten für die Filmbranche als Künstler erfolgreich. Er lebt in Toronto.

Die Ausstellung:Evan Penny. Re Figured“ ist bis 19. 2. 2012 im Museum der Moderne am Mönchsberg, Salzburg, zu sehen. Infos:

 

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