Mehr als nur Heimito von Doderers Sekretär

Mehr als nur Heimito von Doderers Sekretär
Wolfgang Fleischer war Schriftsteller, Übersetzer, Dokumentarfilmer und vieles mehr.

Wolfgang Fleischer ist am 22. August 2014 im Alter von 72 Jahren gestorben. Wer sich für Heimito von Doderers Leben und Werk interessiert, der kennt auch ihn. Wolfgang Fleischer lernte als Schüler Doderer bei einer Lesung kennen. Zwei Jahre später war der Philosophie- und Geschichtestudent sein Sekretär. Als Doderer 1966 starb, übergab Wolfgang Fleischer die literarische Nachlassverwaltung an seinen Freund Wendelin Schmidt-Dengler. 1996 veröffentlichte er bei Kremayr & Scheriau Das verleugnete Leben. Die Biographie des Heimito von Doderer, die ihm einige Doderer-Fans übelnahmen. Denn sie entsprach nicht dem harmonischen Strudlhofstiegen-Bild, das sich so mancher Leser vom Autor machen wollte. Sie entsprach auch nicht der geschönten Version von Doderers Leben, die jahrzehntelang in Umlauf war. Sie zeigt vielmehr eine zerrissene, vielschichtige Persönlichkeit und deren Verstrickungen in den Nationalsozialismus. Dieses einzigartige, spannend geschriebene Werk, das so viel Unbekanntes aufdeckte und so viel Falsches richtig stellte, führte zu manch unsachlicher und unschöner Diskussion bei den „Heimitisten“, an der sich Wolfgang Fleischer nie beteiligte.

Er hatte mit Doderer längst abgeschlossen. Trotzdem gewährte er mir im August 2003 ein Interview über Doderer. Seitdem traf ich ihn immer wieder einmal in Wien oder in Arbesthal, in Niederösterreich, wo er und seine Frau Anna Dobler die Sommerzeit verbrachten.

Vielseitig

Wolfgang Fleischer war unglaublich vielseitig. Er arbeitete als freier Schriftsteller und Übersetzer, machte Dokumentationen für den ORF, so etwa über den Maler Marcel Prachensky mit seinem Freund, dem Regisseur Georg Madeja. Er bezeichnete sich gern als Gärtner in der Firma seiner Frau, die Schwimmteiche plant und gestaltet, während er für die Seerosenzucht zuständig war. So kam es auch zu dem gemeinsamen Buch des Ehepaars Der Schwimmteich im Garten (Orac 1997/2009). Er hatte in Italien gelebt und nach einem Aufenthalt in Lateinamerika ein schauriges Hörspiel über die Opfer des nicaraguanischen Diktators Somoza gemacht. Die Themen seiner Veröffentlichungen zeugen von seinen breitgestreuten Interessen: seine Erzählungen Unverbindliche Leidenschaften (Residenz 1968), sein Theaterstück Perpetuum Mobile (Rowohlt 1970), seine Monographie über Marcel Prachensky (Löcker 1990), sein Beitrag über die „Säbelzahntiger“ in der botanischen Schrift Zeug in der Botanik für die Universität Leipzig (1997) und seine schillernden Miniaturen in Glanz und Gemeinheit. Wie man mit unverschämten Lügen die ganze Wahrheit über Wien berichtet (Kremayr & Scheriau 1997).

Er las auf Deutsch, Französisch, Englisch, Spanisch, lernte Arabisch, Russisch, brachte sich Altgriechisch bei und frischte sein Latein auf, um 1001 Nacht, Puschkin, Xenophon und Tacitus im Original zu lesen, arbeitete an einem philosophisch-naturwissenschaftlichen Werk, „Die dritte Seite der Medaille“, und schrieb in den letzten Jahren Erzählungen. Ganz besonders mochte ich an Wolfgang Fleischer und seinem Werk seinen Humor, seinen oft ironischen Ton. Das gilt auch für seinen letzten historischen Rom-Krimi, den leicht erotisch angehauchten Roman Caesers Bote. Ein antiker Kriminalfall, der unbedingt noch veröffentlicht werden sollte.

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