"Kiss könnte es 1000 Jahre geben"

Kiss-Bassist Gene Simmons über Hello-Kitty-Merchandising und die Kanzlerpläne Frank Stronachs.

KURIER: Sie haben ihr jüngstes Album „Monster“ so angelegt wie Platten der Bands, die Sie zu Beginn Ihrer Karriere geliebt haben. Wer waren diese Bands und wofür haben Sie die bewundert?

Gene Simmons: Es ging mir immer vorrangig um das Songwriting. Es war egal, was für eine Art Musik das war. Ich liebte die Beatles und Led Zeppelin. Und zwar aus ganz unterschiedlichen Gründen. Keiner war besser darin, einprägsame Melodien zu schreiben als die Beatles. Und Zeppelin liebte ich für ihre Riffs, keine andere Band hat je so viele klassische Riffs kreiert wie diese Band. Und ich liebte alles dazwischen – Abba für die großartige Produktion, sogar Peter Maffay, die Toten Hosen und die Ärzte. Mit sowohl den Hosen und den Ärzte waren wir schon auf Tour und beide Bands sind unglaublich energiegeladen und liebe ihre Fans. Und für uns ist das das Wichtigste.

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Gene Simmons, Tommy Thayer and Paul Stanley of roc
(L-R) Gene Simmons, Tommy Thayer and Paul Stanley of rock band Kiss perform during a concert on their Latin America tour, at the Jockey Club in Asuncion November 12, 2012. REUTERS/Jorge Adorno (PARAGUAY - Tags: ENTERTAINMENT)
Sie sagen, die neuen Kiss-Mitglieder Tommy Thayer und Drummer Peter Criss haben die Band revitalisiert. Warum war das notwendig?
Wenn man in einer Fußballmannschaft spielt und die Hälfte des Teams ist drogensüchtig oder alkoholabhängig, dann braucht man das. In einer Band zu sein sollte wie die Olympischen Spiele sein: Nur die besten sollten dafür zugelassen werden. Jemand der nicht genug Respekt für die Fans und sich selbst hat, auf der Bühne jeden Tag das Beste zu geben, sollte nicht darauf stehen.

Aber Sie haben doch früher sicher auch gerne einmal etwas getrunken oder vielleicht auch Drogen ausprobiert . . .
Ich war noch nie in meinem Leben high oder betrunken.

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Gene Simmons of the rock band Kiss attends a photo
Gene Simmons of the rock band Kiss attends a photocall as part of the MIPTV, the International Television Programs Market, event in Cannes April 8, 2013. REUTERS/Eric Gaillard (FRANCE - Tags: ENTERTAINMENT BUSINESS)
Nicht einmal in der ganz frühen Phase von Kiss, als Sie noch jünger waren? Da hatten Sie schon das Image der Party-Band.
Ich mag den Geschmack und den Geruch von Alkohol einfach nicht. Man kann sich immer dafür entscheiden, wie man sein Leben leben will und für mich gilt: Jeder Tag über dem Boden ist ein guter Tag. Warum sollte man sich da abstumpfen oder schläfrig machen, dass man nichts mehr fühlen oder nicht mehr richtig denken kann. Darf ich einmal Sie etwas fragen?

Natürlich.
Warum trinken Sie?

Weil ein oder zwei Gläser Wein hin und wieder Spaß machen.
Gut. Aber für mich war der Spaß immer die Frauen. Alles, was deine Sinne schwinden lässt und nicht mit einer anderen Person zusammenhängt, hat keinen Reiz für mich. Wenn man high ist, ist man niemals fähig etwas Witziges oder Smartes zu sagen. Und wenn man betrunken ist, übergibt man sich auf die Schuhe der Freundin. Gott bewahre, dass die dann auch noch neu sind. Und der wichtigste Teil des Mannes funktioniert dann auch nicht mehr, man riecht wie ein Truck-Fahrer und hat am nächsten Morgen Kopfweh. Es gibt einfach nichts Gutes daran.

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Gene Simmons, Tommy Thayer and Paul Stanley of roc
(L-R) Gene Simmons, Tommy Thayer and Paul Stanley of rock band Kiss perform during a concert on their Latin America tour, at the Jockey Club in Asuncion November 12, 2012. REUTERS/Jorge Adorno (PARAGUAY - Tags: ENTERTAINMENT)
Sie sprechen seit einigen Jahren einer Kiss-Formation ohne die Beteiligung von Ihnen oder Paul Stanley. Warum wollen Sie das und wie würde die aussehen?
Man muss schon daran denken, was passiert, wenn man nicht mehr hier ist. Ich habe ein Testament und darin steht, wer mein Geld bekommt, wie viel an Benefiz-Organisationen geht, wie viel an die Kinder geht. Man plant die Zukunft und warum sollte es nicht auch Pläne für eine Zukunft geben, wenn wir nicht mehr in Kiss sind. Kiss könnte für 1000 Jahre nach uns weitergehen.

Das wäre dann aber eine Coverband.
Nein. Es wäre anders aber es wäre immer noch Kiss. Ein Fußballteam hat verschiedene Team-Mitglieder, aber wenn Leute den gleichen Geist und ein paar Champions haben, existiert das Fußballteam auch weiter. Das hat dann zwar andere Mitglieder, wird aber trotzdem neue Fans anziehen. Eine einzige Person sollte nicht definieren, was eine Band ist. Und wer sagt, einen Lead-Sänger kann man nicht austauschen, dem sage ich: Schau dir AC/DC oder Van Halen an, die haben ihre Lead-Sänger ausgetauscht und sind danach noch größer geworden.

Würden die neuen Musiker ihren Charakter „The Demon“ oder Paul Stanleys „Starchild“-Maske übernehmen? Oder würden sie andere Charaktere bekommen?
Das wissen wir noch nicht. Ich würde auch nicht sagen, dass das Charaktere sind, sondern Rollen, die als Erweiterung unserer Persönlichkeiten angelegt sind. Ich könnte nie Paul Stanleys Maske übernehmen und darin überzeugend wirken, weil ich mich nicht wie er bewege nicht wie er singe. Es ist sein Charakter, der das glaubwürdig macht. Aber es gibt dafür keine Regeln. Wir wissen nur, dass wenn es in der Zukunft neue Songs und andere Musiker an unsere Stelle geben wird, Kiss dann für eine neue Generation weiter gehen wird.

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Mexico Kiss
Gene Simmons of Kiss performs during a concert in Mexico City, Saturday, Sept. 29, 2012. (Foto:Marco Ugarte/AP/dapd)
Erinnern Sie sich an die erste Idee, die Masken zu kreieren?
Als allererstes hatten wir die Songs. „Deuce“, „Strutter“ und „Black Diamond“. Und dann dachten wir darüber nach, wie wollen wir die präsentieren? So wie die Stones und all die anderen Bands? Und wir entschieden uns, dass Jeans und Turnschuhe nicht genug sind. Wir wollten Stadien füllen, groß werden, die Superhelden der Szene sein. Und als wir einmal bei Superhelden waren, kam das Make-Up automatisch.

Und diese Masken geben Ihnen jetzt die Möglichkeit, die Könige des Merchandising zu sein. Ich habe gelesen, dass es 3000 Kiss-Artikel gibt.
Da sind weitere 1000, die jetzt mit einer Kiss -Hello-Kitty-Linie dazugekommen sind, noch nicht eingerechnet. Und davon wird es auch eine TV-Serie geben. Es gibt außerdem zu der Cartoon-Serie „Family Guy“ eine Kiss-„Family Guy“-Serie. „Archie“ ist ein amerikanisches Comic-Buch, auch davon gibt es „Kiss-Archie“. Es gibt eigentlich nichts, das wir damit nicht machen können. Sogar die M&Ms-Schoko-Dragees haben schon unsere Gesichter aufgedruckt. Es gibt Kiss-Kaffeehäuser und einen Kiss-Golfplatz.

Denken Sie sich all die Möglichkeiten für die Vermarktung des Kiss-Labels aus?
Vieles davon passiert einfach, da kommen die Leute mit diesen Ideen zu uns. Und manche kommen von uns.

Sie haben ein Partner-Unternehmen mit Frank Stronach gegründet. Finanzieren Sie mit den Einnahmen aus dem Merchandising seinen Wahlkampf hier in Österreich?
Nichts dergleichen. Die Stronach Gruppe hält Amerikas größtes Unternehmen in Bezug auf Pferderennen. Sie haben die größten Rennbahnen in Nord Amerika. Und ich kannte Mister Stronach und seine Tochter Belinda von verschiedenen Benefizveranstaltungen. Mister Stronach rekrutierte mich und meinen damaligen Partner dann um die Markteinführung seines Energydrinks in einer amerikanischen Supermarktkette zu gestalten. Und Miss Belinda Stronach wurde meine Partnerin in Simmons-Records. Wegen all dieser Verflechtungen fragten sie mich, was ich über Pferderennen weiß. Und ich sagte ich habe schon einige Ideen, wie man dieses Business noch größer machen kann. Also habe ich eine TV-Reality-Show namens „Jockey Wifes“ kreiert und eine Merchandising -Kampagne dafür kreiert.

Was halten Sie davon, dass er in Österreichs ins Parlament drängt?
Warum sollte er nicht? Ich finde, es sollte in der Politik nur Businessleute geben. Denn ein Staat muss wie ein Unternehmen geführt werden: Deine Exporte müssen größer als die Importe sein, damit du Profit machst. Der Betrag, den ein Staat den Bürgern gibt, egal in welcher Form, sollte geringer sein als der Betrag, den sie an Steuern einnehmen, damit man Profit macht. Ich glaube, Mr. Stronach wäre ein exzellenter Kanzler.

„Bombastshow pur“ haben sich die „alten Herren“ von Kiss einfallen lassen. Sie „werden durch das Gelände fliegen“, verspricht Nova- Rock-Veranstalter Ewald Tatar für die heurige Ausgabe des größten österreichischen Rockfestivals, das von 14. bis 16. Juni das burgenländische Nickelsdorf wieder zum Rock-Jahrmarkt macht.

Harte Töne sind vorherrschend, wofür nicht zuletzt die Rumpelrocker Rammstein als Headliner am Freitag stehen. Für die musikalische Abwechslung sorgen u.a. Kings Of Leon, Thirty Seconds To Mars, Deichkind, Volbeat, Sportfreunde Stiller und Biffy Clyro. Der Rockfan von heute muss auch nicht auf Luxus verzichten: Neu ist die „Villa Nova“, schildert Tatar. „Da kann man sich einen Platz kaufen mit einem eigenen Loft, mit einem Doppelbett, wo ein eigener Platz am Campingplatz, mit eigener Security, abgesperrt wird. Mit eigener Toilette.

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