MQ: Nach dem Wohnzimmer kommt die Kunst

MQ: Nach dem Wohnzimmer kommt die Kunst
Christian Strasser, der neue Chef des Wiener MuseumsQuartiers, will mehr Besucher für die Kultur gewinnen.

Eh okay", sagt ein Mieter des Quartier 21, der jung-alternativen Sektion im Wiener MuseumsQuartier (MQ), zur Entscheidung von Kulturministerin Claudia Schmied (SP). Für ihn ist Christian Strasser, der mit 1. Oktober die Geschäftsführung des wichtigsten Wiener Kulturareals übernimmt, "ein pragmatischer roter Verwalter mit Underground-Erfahrung".
Strasser selbst bezeichnet sich als "kreativen Dienstleister" der im MQ ansässigen Institutionen - und nicht als "Hausmeister" wie sein Vorgänger Wolfgang Waldner, heute Staatssekretär im Außenministerium.

In den vergangenen zwölf Jahren war Strasser Immobilienmanager der Stadt Linz, verantwortlich für die Instandhaltung von 400 Objekten. Dennoch spricht der aus Gschwandt bei Gmunden/OÖ stammende 49-Jährige sichtlich gern über seine "Underground-Erfahrung": Bei der ersten Pressekonferenz - der KURIER hatte die Entscheidung zuvor bereits in seiner Mittwochausgabe als Erster gemeldet - erzählte Strasser Anekdoten aus jener Zeit, als er als Jus-Student und ÖH-Kulturreferent an der Uni Linz Konzerte von Hansi Lang, Drahdiwaberl und diversen Jazzgrößen veranstaltete, selbst an der Eintrittskassa saß, eigenhändig Plakate aufhängte.

Drei Säulen

Doch auch die strukturierte Manager-Seele kam im Antrittsstatement des neuen MQ-Chefs zum Vorschein. Das MQ stehe auf "drei Säulen", erklärte Strasser. In seinen ersten zehn Jahren hätte sich das MQ als Lebensraum etabliert - die zweite Dekade soll nun die Identität als "Kultur- und Schaffensraum" stärken.

Mehr Besucher sollen also die Kultureinrichtungen nutzen, das Quartier 21 soll als Ort des Kulturschaffens an Profil gewinnen. Die im MQ ansässigen Institutionen will Strasser zu gemeinsamen Schwerpunktprogrammen motivieren, das Angebot der einzelnen Häuser soll mit einem "kleinen Kulturprogramm" der Betriebsgesellschaft ergänzt werden, ohne dass Konkurrenz entstehe. Auch ein "architektonisches Zeichen der Öffnung" steht auf der Agenda des für fünf Jahre bestellten MQ-Chefs - in welcher Form, ist noch unklar.

Persönliche Gespräche

Daniela Enzi, die das Programm des Areals als Mitarbeiterin und zuletzt als interimistische Leiterin maßgeblich mitgestaltet hatte, bleibt dem MQ vorerst als Prokuristin erhalten. Enzi war eine jener 29 Bewerberinnen und Bewerber, die innerhalb der offiziellen Frist ihre Unterlagen eingereicht hatten. Strasser dagegen hatte im Juni in einem persönlichen Gespräch mit Schmied sein Interesse bekundet und eine Bewerbung nachgereicht. Die Ministerin, die mit fünf der 29 Bewerber "vertiefende Gespräche" führte und die Entscheidung in Abstimmung mit Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny traf, ging nicht auf die Gründe für die Ablehnung von Enzi oder anderer Bewerber ein. Sie erklärte jedoch, dass ihr ein "Blick von außen" wichtig gewesen sei. Strassers Qualifikation entspreche "in nahezu idealtypischer Weise" den Anforderungen des MQ, so Schmied.

Der Manager, der vor seiner Tätigkeit als Immobilien-Verantwortlicher das Linzer Kulturzentrum Posthof leitete, war schon 2009 von Schmieds Ministerium in die Aufsichtsräte der Bundestheater entsandt worden. Zudem ist Strasser Aufsichtsrat der Vereinigten Bühnen Wien. Als Obmann des Wiener Theatervereins agiert er als Eigentümervertreter für Theaterhäuser wie das Brut und den Dschungel Wien im MQ. Durch Letzteres ergebe sich nun ein Interessenskonflikt, sagt Strasser. Er will seine Obmann-Funktion noch vor seinem Amtsantritt im MQ zurücklegen.

MuseumsQuartier: 70 Institutionen

Das Areal Das MQ, das heuer sein 10-jähriges Bestehen feiert, beherbergt insgesamt 70 Kulturinstitutionen. 3,8 Millionen Menschen besuchen das Areal jährlich, 1,5 Millionen kaufen Tickets für die Kultureinrichtungen. Die Dachorganisation "MQ Errichtungs- und BetriebsGmbH" steht zu 75% in Bundeseigentum, 25% hält die Stadt Wien.

Der neue Chef Christian Strasser studierte in Linz Jus und erhielt 1999 den Titel "Master of Business Administration" von der Universität Toronto. Er leitete das Linzer Kulturzentrum Posthof von 1985 bis 1999 und war 1995-1996 Prokurist im Ars Electronica Center. Im MQ startet er am 1. Oktober, sein Vertrag läuft fünf Jahre.

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