Mikromann: Menschenfreund & Fallensteller

Mikromann: Menschenfreund & Fallensteller
Seit mehr als zehn Jahren entlockt Tom Walek als Radio-Comedian bei Ö3 den Menschen allerlei Blödsinn.

Jeder Mensch weiß doch, wo Polen liegt. Oder? Tom Walek grinst, wie nur einer grinst, der weiß, dass es eben nicht jeder weiß. Die Frage anlässlich der Euro lautet also, ob Polen in Russland oder in der Ukraine liegt.

Der Ö3-Mikromann schlendert durch die Menschenmenge am Wiener Schottentor. Auf der Suche nach Gesprächspartnern, wie sie die Comedy-Abteilung von Ö3 ersehnt. Mit der Hoffnung auf jene Antworten, die dann im morgendlichen Wecker bis zu 2,8 Millionen Hörer zu einem kollektiven "Das darf doch nicht wahr sein" animieren.

Ausrede

Die Straßenbahn-Station ist für den Jäger Walek der ideale Platz. Dort laufen potenzielle Opfer nicht davon. Wartende sind besser als Spaziergänger: "Nein zu sagen, fällt den Österreichern schwer. Daher benützen sie die klassische Ausrede, dass sie keine Zeit haben. Was beim Warten auf die Bim eher nicht funktioniert."

Die ersten zwei Kandidaten meistern die Herausforderung problemlos. Nummer 3 indessen ist ein Jackpot. Für Walek "die Butter auf meinem Brot". Eine Frau, Ende 30, erkennt a) den Mikromann, will b) lieber nix sagen, um dann c) doch dem Reiz des Radios zu erliegen.

Walek ist schnell, schlagfertig, plaudert einfach drauflos. Dazu erklärt er: "Nur nicht ,Darf ich Sie etwas fragen?" sagen, das aktiviert das Fluchtverhalten. Eher etwas wie ,Hallo, ich brauch’ rasch Ihre Hilfe." Und dann muss die Frage ganz kurz sein."

"Polen, wo liegt Polen nochmal?", grübelt die Frau. Um dann zu antworten: "In Russland." Der Fallensteller Walek bleibt fröhlich, aber ernst, wittert die Beute, nickt animierend und legt nach. "Die meisten Leuten erkennen mich mittlerweile, aber sie wollen trotzdem mit dem Feuer spielen, sich zumindest die Frage anhören. Aber dann ist es meistens zu spät."

Und welche Sprache sprechen die Polen in Russland? "Russisch". Zögern. "Nein, Polnisch." Pause. Walek: "Also, was jetzt?" Die ideale Gesprächstemperatur ist erreicht. Die Phase der Verwirrung, in der sich Passanten im Höchsttempo immer mehr in Wirbeln verfangen, ist eingeleitet. "Wie beim Zahnarzt. Wenn ich merke, da ist etwas faul, muss ich weiterbohren."

Dabei bleibt Walek verbindlich, gaukelt Augenhöhe vor, bewahrt Ruhe und Höflichkeit. Er schafft blitzschnell eine Vertrauensbasis, mitunter auch mit charmanten Nebensächlichkeiten. "Ich bin ein Menschenfreund, anders ginge das gar nicht. Ich rede gerne mit Leuten, und die Leute reden gerne mit mir. Man darf nie herablassend sein und gewisse Grenzen unterschreiten. Es geht um milden Spott und nicht um Demütigung."

Fremdwort

Und wenn der beim oberg’scheiten Anzugträger gelingt, freut’s ihn umso mehr. "Die scheinbar Klugen zu erwischen, das ist die Herausforderung." Seit 1991 führte Walek für mehr als 1000 Folgen mehr als 40.000 Gespräche . Und immer stellt sich die Frage: Wie lange muss er für die Bonmots unterwegs sein? "Zwischen 30 und 90 Minuten. Wenn ich etwas mit einem Fremdwort mache, geht’s schneller. Von rund 35 befragten Menschen fällt die Hälfte nicht rein. Zehn sagen ,Keine Ahnung", und der Rest qualifiziert sich für die Champions League."

Auch die Dame, die in der Polen-Frage andere Wartende um Hilfe anfleht. Oder jener Herr, der sich folgende Frage anhört: Spanien ist amtierender Europameister. Aber wer gewann bei der letzten EURO das Finale in Wien? Der erste Reflex: "Weiß ich nicht." Der zweite ist origineller: "Die Chilenen." Bingo für Walek.

Der weiß, warum bei so einer Frage zwei Drittel falsch liegen: "Zum einen sind die Leute nervös, zum anderen hören sie nicht genau hin."

Diesbezügliche Klassiker? Wie heißen Hansi Hinterseer oder Queen Elizabeth mit Vornamen? "Das Mikrofon bedeutet Stress, und dann funktioniert auch das."

Auf unserem Rundgang begegnet uns ein Herr, der freundlich grüßt. Er war schon zwei Mal in Waleks Netz. Ein Mal mit der Antwort auf die Frage, was er täte, käme er drauf, dass seine Frau monogam ist: "Schluss machen. Denn wenn das ein Mal ist, ist es immer." Die Blamage ist legendär. Dennoch bleibt das Lächeln: "Der Mikromann legt alle rein. Aber er is a super Kerl."

Kurze Frage, blöde Antwort: Es war einmal beim Mikromann...

Welche Farbe hat das Blaulicht der Feuerwehr? "Auf jeden Fall Orange – ich wohne ganz in der Nähe einer Station und sehe die immer mit dem orangen Licht rausfahren."

Zahlen Sie lieber bar oder cash? "Lieber cash, ich hab’ nicht immer so viel Kleingeld bei mir. Außerdem is’ das mit der Karte viel praktischer.

Welcher der Beatles war Ringo Starr? Paul McCartney oder John Lennon? " Auf jeden Fall der mit den langen Haaren, mit der Brille ... wie hieß der? Ringo Starr war bei den Rolling Stones.

Wie lautet der Wechselkurs zwischen dem griechischen und dem österreichischen Euro? "Ich nehme an, 1:3, ich kann’s Ihnen aber nicht genau sagen."

Wie heißt der Sohn von Maria & Josef?? "Na, Josef hat der doch auch geheißen, also Josef II." Zwischenfrage, wer waren die Eltern von Jesus? "Keine Ahnung."

Tom Walek: Seit zwölf Jahren für Ö3 auf komödiantischem Beutezug

Werdegang: Tom Walek wurde am 21. 10. 1971 in Wien geboren. Dort schloss er die Handelsschule ab und arbeitete danach für eine Unternehmensberatung, aber auch als Animateur und Skilehrer. Zu Beginn des Jahres 2000 kam er zu Ö3 . Später war er auch als Moderator ("Hirn mit Ei", "Die große Chance") oder als Abenteurer ("Wettlauf zum Südpol") für das Fernsehen im Einsatz.

Mikromann: Die Idee der Straßeninterviews stammt aus der Jay-Leno-Show ("Jay’s Walking") und wurde von Oliver Baier und Hadschi Bankhofer im Jahr 2000 für die Ö3 -Sendung "Mahlzeit" adaptiert. Später übernahm auf Initiative von Robert Kratky Tom Walek das Mikrofon. Der Erfolg der kleineren Versuche veranlasste Hary Raithofer, das Format in den Ö3 -Wecker zu holen. Dort wurde der Mikromann zur Marke, ebenso wie der ein Jahr danach folgende Ö3-Callboy mit Gernot Kulis.

Kommentare