Kämpfen, trinken, bluten: ORF-Burschenschafter-Doku läuft endlich

Übungsrunde: Zwei Korporierte trainieren den Fechtkampf
ORF2: Der Film über Korporierte wird heute endlich ausgestrahlt. Er ist sehr zu empfehlen.

Was lange währt, wird endlich gut. „Sobald die FPÖ nicht mehr in der Regierung sitzt“, möchte man im Fall der Doku „Männer, Macht und Mensuren“ ergänzen. Diese wird heute, Mittwoch, um 22.30 Uhr mit gehöriger Verspätung auf ORF2 zu sehen sein. Diese „Burschenschafterdoku“ hatte für gehörigen Wirbel gesorgt, denn der ORF war nicht und nicht bereit, den Film, in dem auch detailliert die Verbindungen teilweise sehr rechter Korporierter zur FPÖ beschrieben werden, zu zeigen. Dann kam das Ibiza-Video, dann explodierte die Regierung. Dann war ein Sendeplatz gefunden.

Ein schlecht getimter Zufall? Oder hat sich der Öffentlichrechtliche vor der Ausstrahlung gefürchtet? Wenn man sich den Film von Robert Wiesner und Gregor Stuhlpfarrer ansieht, kann man dies nicht nachvollziehen. Hier wird detailreich und ohne Schaum vor dem Mund eine Männerwelt beschrieben, in der Werte aus dem 19. Jahrhundert hochgehalten werden. Fechten, bluten, biertrinken, debattieren unter seinesgleichen (Frauen haben bekanntermaßen keinen Platz in den Stuben). Dazwischen tummelt sich ein Haufen Rechtsradikaler, der sich offenbar sehr wohl fühlt in diesen Kreisen. „Männlichkeit bedeutet primär, eine Meinung zu haben und dafür einzutreten“, erzählt ein junger Mann. Mit dieser Einstellung passt die antiquiert wirkende Burschenrunde ziemlich gut ins Social-Media-Zeitalter.

Die Doku zeigt auch den wesentlichen Unterschied zwischen Cartellverband und Deutschnationalen Bünden. Die einen treten für Österreich ein, die anderen für den deutschsprachigen Kulturkreis „der politisch getrennt ist“, wie ein Korporierter beiläufig fallen lässt.

Wie weit die der Aufklärung verbundenen Akademikerbünde rechts blinken, wird hier relativ unemotional erzählt. Übertriebenes Pathos kann man den Machern des Filmes nicht vorwerfen. Viele Archivfunde bedürfen aber gar keiner zusätzlichen Betonung, etwa wenn Jörg Haider (er war Burschenschafter) im Kreis der Korporierten ein SS-Lied anstimmt und dabei gefilmt wird.

Ergänzend zum ausständigen FPÖ-Historikerbericht ein lohnenswertes Stück Fernsehjournalismus.

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