"Also schwuppsen muss es schon"

APA3403973-2 - 12012011 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT KI - Der deutsche Sänger und "Palastorchester"-Gründer Max Raabe am Dienstag, 11. Jänner 2011, während eines Interviews mit der APA-Austria Presse Agentur in Wien. APA-FOTO: HANS KLAUS TECHT
Max Raabe bietet große Gefühle mit ironischen Brüchen - und mit "Für Frauen ist das kein Problem" eine Hymne auf die Frauen im Retro-Stil.

Was können Frauen, was Männer nicht können? Die Antwort kommt blitzschnell. „Verschiedene Dinge gleichzeitig erledigen“, sagt Max Raabe, Jahrgang 1962, nicht ohne Neid. „Da bin ich überfordert. Wenn ich Koffer packe, kann ich zum Beispiel keine Musik hören. Sonst finde ich später im Gepäck nur dummes Zeug und vermisse, was ich wirklich brauche. Bei mir geht nur eines nach dem anderen.“

Auch auf seinem neuen Album „Für Frauen ist das kein Problem“ (Universal) lobt der Bariton mit dem Faible für Schlager im Stil der 20er- und 30er-Jahre das weibliche Multi-Tasking-Talent. Es ist die zweite kreative Liason mit Annette Humpe nach deren letzter CD „Küssen kann man nicht allein“ (2011).

Ein Duo auf Zeit

Retro trifft auf Neue Deutsche Welle. Raabe wollte „wieder einmal ein markantes neues ungewöhnliches Stück aus eigener Feder“ wie „Kein Schwein ruft mich an“ oder „Klonen kann sich lohnen“ und gesteht offenherzig: „Aber leider ist mir nichts eingefallen.“

So haben sich Raabe und Humpe gefunden und festgestellt: „Wir kommen aus verschiedenen Welten, aber können gut miteinander arbeiten und ergänzen uns gut im Finden von Sätzen.“

Voller Gefühl und lakonischem Humor sind sie wieder, die 13 neuen Lieder, präzise ausbalanciert und sparsamer instrumentiert als zuletzt. Fein, zart, dezent.

Im Grunde spielt das Klavier von Christoph Israel die Hauptrolle. Für Humpe war die Herausforderung, „es ohne Schlagzeug zum Grooven zu bringen“. Raabe sagt’s mit anderen Worten: „Also schwuppsen muss es schon. Das gilt auch für die Standards mit dem Palast Orchester, die ja in der Zeit vor dem Swing entstanden sind.“

Kleine Lügen ...

Mit ironischem Wortwitz und sanfter Melancholie werden Beziehungsprobleme in heitere Wehmutsschlager verpackt. Denn Humor macht den Liebesschmerz erträglich. Ein Verlassener will seine CDs zurück.

Ein Untreuer beteuert treuherzig „Kleine Lügen tun nicht weh“. Und ein Verliebter sagt: „Ich schlafe am besten neben dir, wenn du nicht da bist, zähle ich Schafe ...“

Einer sitzt einsam vor dem PC und sieht seinem Kaktus beim Vertrocknen zu. Einer, zwischen zwei Lieben hin- und hergerissen, hat sich für die eine entschieden und nimmt Abschied von der anderen. Ein anderer Liebender singt ein Loblieb auf die Langsamkeit – beim Liebesakt und überhaupt.

„Jedes Stück ist wie ein Polaroid. Wir machen kleine Fotografien aus dem Leben“, sagt Annette Humpe. „In den immer gleichen Geschichten geht’s um Gefühle, Liebe, Freude, Geld, Trauer, Tod. Wir müssen dafür Worte finden, wie man sie so noch nicht gehört hat, damit man die Dinge wieder neu und anders sieht.“

„Wir beschreiben sie am besten irgendwie komisch, damit sie eine ungewöhnliche Perspektive erkennen lassen“, sagt Raabe. „Wenn es in die großen Gefühle geht, dann ist Annette genau die Richtige. Und wenn die Gefühle zu groß werden, ziehe ich die Handbremse, dass es wieder ins Komische kippt.“

Rätsel Frau

Nostalgisch soll es keinesfalls daherkommen. Da sind sich beide einig: „Modern muss es sein.“ Ist Raabe nach der Hymne auf die Frauen jetzt ein Frauenversteher? „Keineswegs. Im Gegenteil. Frauen sind mir ein Rätsel. Ich bin immer wieder erstaunt und begreife weniger denn je. Aber gemeinsam mit Annette kommt man der Sache schon näher.“

Nach wie vor ist Raabes „größtes Vergnügen und Hauptanliegen“ das Erbe der 20er- und 30er-Jahre: „Daran wird sich nichts ändern. Aber wir können ungefähr sechs neue Lieder neu arrangiert wunderbar in die Konzerte mit dem Palast Orchester einflechten.“

Auch für Raabe mit rund 500 Oldies but Goldies von anno dazumal im Repertoire gibt es etwa durch Kontakte zu Sammlern noch Neuentdeckungen alter Liedpreziosen: „Von Komponisten, die ich gar nicht kannte, die teils mit guten Textern, die ich namentlich kenne, zusammengearbeitet haben.“ Das klingt dann so in seiner Tonart: „Was Sie sich denken, ist nicht, mein Herr. Die blonde Susi küsst nicht, mein Herr. Auch wenn man ihr den Himmel verspricht, doch küssen tut Sie sie nicht“, zitiert Raabe. „Sie tanzt mit ihnen Tango auf Eis, doch küsst sie um keinen Preis.“

INFO: Zwischen Liebesschmerz, -leid und -freud

Neues Album
Am Cover steht Max Raabe das Wasser fast bis zur schwarzen Fliege. „Küssen kann man nicht allein“ (Universal) – eine Hymne auf das weibliche Geschlecht – mit 13 neuen Songs ist die Fortsetzung der Zusammenarbeit des Berliner Bariton mit Annette Humpe nach der Vorgänger-CD „Küssen kann man nicht alleine“.

Konzerte
Live sind Max Raabe und das Palast Orchester am 13. und 15. März in der Wiener Stadthalle, Halle F; am 16. März in Graz in der Helmut List Halle Karten: www.hoanzl.at, 01/96 0 96 oder 01/79 999 79; am 22. Oktober im Großen Festspielhaus Salzburg, Karten: 01/96 0 96 www.oeticket.com

Kommentare