Malaria bei Glawogger zu spät entdeckt

Michael Glawogger im Vorjahr bei Dreharbeiten zu seinem ersten und letzten Fernsehfilm: "Die Frau mit einem Schuh"
Ursprünglich war bei dem Filmemacher eine Typhusinfektion diagnostiziert worden.

Einen Tag nach Bekanntwerden des plötzlichen Malaria-Todes des Filmemachers Michael Glawogger gab eine Sprecherin in Absprache mit der Produktionsfirma Lotus Film sowie Glawoggers Witwe Details zum Krankheitsverlauf bekannt. Demnach erkrankte Glawogger am vergangenen Freitag in Harper, Liberia. Die Symptomatik habe vorerst eine Typhusinfektion nahegelegt, gegen die er entsprechend behandelt wurde (der KURIER berichtete).

Zunächst war "ein hochfiebriger Krankheitsverlauf von etwa drei Tagen erwartet", heißt es in dem Statement. Am Ostermontag wurde, nachdem sich "nur instabile Besserungsphasen" eingestellt hatten, bei einem zweiten Test Malaria Tropica diagnostiziert, die Medikation entsprechend umgestellt und Michael Glawogger ins Krankenhaus von Monrovia geflogen. "Gleichzeitig wurde die Rückholung in die Wege geleitet, nach der er am frühen Morgen des Mittwoch in Wien eintreffen sollte. Die von Montag auf Dienstag eintretende rapide Verschlechterung seines Allgemeinzustandes führte aber währenddessen zu einem schrittweisen Organversagen, infolge dessen er am Dienstag, den 22. April um 23.40 Uhr MEZ auf dem Weg vom Krankenhaus zum Flughafen verstarb", heißt es weiter.

"Die Reanimierung durch das kurz davor gelandete österreichische Ärzteteam blieb ohne Erfolg - ebenso wie zuvor die Versuche, in Liberia ein Dialysegerät beizustellen bzw. aus einem der Nachbarländer ein solches einzufliegen." Ob eine Dialyse geholfen hätte, bleibe jedoch Spekulation. "Eine bessere medizinisch-technische Ausstattung hätte die Chancen zur Rettung wohl erhöht, aber dieser Wettlauf mit der Krankheit wurde verloren."

Michael Glawogger: Bilder aus seinen Filmen

Malaria bei Glawogger zu spät entdeckt

Die Frau mit einem Schuh
Malaria bei Glawogger zu spät entdeckt

Kunst-Stücke "Kino im Kopf"
Malaria bei Glawogger zu spät entdeckt

Malaria bei Glawogger zu spät entdeckt

Kunst-Stücke Film "Megacities"
Malaria bei Glawogger zu spät entdeckt

Nacktschnecken
Malaria bei Glawogger zu spät entdeckt

Workingman's Death
Malaria bei Glawogger zu spät entdeckt

Workingman´s Death
Malaria bei Glawogger zu spät entdeckt

FILMDREH ãCONTACT HIGHÒ : GLAWOGGER/OSTROWSKI
Malaria bei Glawogger zu spät entdeckt

Contact High
Malaria bei Glawogger zu spät entdeckt

Das vaterspiel
Malaria bei Glawogger zu spät entdeckt

Whore's Glory/Glawogger…
Malaria bei Glawogger zu spät entdeckt

Whores' Glory
Malaria bei Glawogger zu spät entdeckt

Glawogger004.jpg
Malaria bei Glawogger zu spät entdeckt

Glawogger001.jpg
Malaria bei Glawogger zu spät entdeckt

Glawogger002.jpg
Malaria bei Glawogger zu spät entdeckt

Glawogger003.jpg
Malaria bei Glawogger zu spät entdeckt

INTERVIEW MICHAEL GLAWOGGER

Mit seinem Projekt in Liberia ist Filmemacher Michael Glawogger in "die Höhle des Löwen" gefahren, sagt der Tropenmediziner Univ.-Prof. Herwig Kollaritsch zum Tod von Glawogger an Malaria. Insgesamt sei die Zahl der Malaria-Toten dank großzügiger Stiftungen, die Forschungsarbeit an neuen Medikamenten vorantreiben, weltweit zurückgegangen.

Doch die in Liberia vorherrschende Malaria Tropica sei nach wie vor extrem gefährlich, betont Kollaritsch. "Vor allem wir Europäer haben schlechte Karten, wenn eine Infektion nicht rechtzeitig behandelt wird." Viele würden die Prophylaxe-Medikamente nur in der Tasche mitführen, "doch dort bringen sie nichts".

Kollaritsch zufolge hätte Glawogger sehr einfach gerettet werden können. "Heute muss niemand an Malaria sterben – der Zeitfaktor ist entscheidend." Die Behandlung müsse innerhalb der ersten 24 bis 48 Stunden nach Ausbruch erfolgen. Viele würden das Fieber unterschätzen und es verschleppen. "Doch die Malaria Tropica befällt die roten Blutkörperchen und vernichtet sie. Ohne den Sauerstofftransport funktionieren unsere Organe nicht."

Weltweit treten jährlich rund 300 bis 500 Millionen Fälle klinischer Malaria auf, die Mehrheit davon im tropischen Afrika. Die meisten Opfer fordert die Krankheit in Afrika und hier insbesondere unter Kindern.

Zunehmende Resistenzen

Großes Problem in der Bekämpfung der Malaria sind zunehmende Resistenzen der Erreger. Die überwiegende Mehrzahl der heutigen Malaria-Therapien basiert auf dem Wirkstoff Artemisinin, einem Pflanzenstoff, der in den Blüten und Blättern des Einjährigen Beifußes vorkommt. Immer mehr Malaria-Parasiten sind aber immun gegen Artemisinin. Forscher der VetMed, der MedUni Wien sowie der Universität in Burkina Faso sind nun neuen Malaria-Medikamenten auf der Spur. Sie untersuchen rund 50 Pflanzen und Kräuter, die in der traditionellen afrikanischen Medizin bei Malaria eingesetzt werden, auf ihre Wirksamkeit und ihr mögliches Potenzial als Malaria-Medikament. Harald Nödl, Malaria-Experte der MedUni Wien: "Es ist bei einigen dieser Kräuter bekannt, dass sie die Symptome der Malaria bekämpfen nicht aber, ob sie den Malaria-Parasiten wirkungsvoll bekämpfen können."

Die Pflanzen und Kräuter werden an im Labor gezüchteten Malaria-Parasiten getestet. Es sei zu erwarten, dass nur eine Handvoll der untersuchten Pflanzen für eine sinnvolle, kommerzielle Verwendung in der Malaria-Therapie geeignet ist.

Dies werde jedoch notwendig sein, spätestens in fünf Jahren werde es Medikamente brauchen, die auf einem anderen Wirkstoff als Artemisinin basieren, betonen die Forscher: "Die Resistenz der Parasiten gegen Artemisinin breitet sich in Südostasien zusehends aus und einiges spricht dafür, dass sie auch Südamerika schon erreicht hat, auch in Afrika könnte es in wenigen Jahren soweit sein." Dann kann der übliche Wirkstoff gegen die Malaria-Parasiten nichts mehr ausrichten.

Kommentare