Madonna: Starkes Lebenszeichen der Popqueen

Madonna: Starkes Lebenszeichen der Popqueen
Gruppen-Aerobic für den Weltfrieden: Madonna überrascht beim Welttourneestart in Tel Aviv mit einer düsteren, spannenden Show. Am 29. Juli in Wien.

Zuerst einmal passierte gar nichts: Madonnas "MDNA"-Tour hob vor 33.000 Fans im Ramat Gan-Stadion in Tel Aviv  mit einem glatten Fehlstart an. Statt "Girls Gone Wild" gab es zu Beginn erstmal Schweigen, Verwirrung, und dann doch: Madonna.

Die 53-Jährige ist die Königin eines fleißigen Ameisenstaates:  Stardesigner sonder Zahl hüllen ihren superfitten Körper in reiches Tuch; Tänzerheerscharen, Videokünstler, vier Regisseure,  elf Choreografen und allerlei elektronische Helferlein für die Stimme, sie alle sind gekommen, um Madonna zu dienen.  Und das ist gut so – gilt es doch,  eine schier aussichtslose Schlacht zu schlagen. Man zieht – sanft gezwungen durch einen Jahre überspannenden Millionendeal mit dem weltgrößten Konzertveranstalter – ins Feld gegen die Zweifler.

Schauplatz der Schlacht ist eine  Popwelt, in der über Madonna wenn überhaupt, so längst in der Vergangenheitsform gesprochen wird.   In der sich – früher undenkbar – Wien-Konzerte nur schleppend verkaufen.
Als Offensivtaktik hat Generalin Madonna für die "MDNA"-Tour (am 29. Juli im Wiener Ernst Happel-Stadion, es gibt noch viele Karten)  das  Streufeuer gewählt: alles, aber auch alles, was Madonna ausmacht, soll auf der Bühne in die Schlacht geworfen werden.

Glockengeläut zum Start

Also, los geht’s, und der Auftakt hätte leicht ein wenig lächerlich sein können. Glockengeläut, Weihrauch,  muskulöse Tanzpriester, und Madonna, die aus einem Beichtstuhl auf die Bühne steigt, setzen gleich zu Beginn das Niveau fest: die Religionsgeschichte hatte seit Jahrtausenden nur das Ziel, in ein Madonna-Konzert zu münden.

Von da an gibt es kein Halten mehr: Ein Übermaß an Miniatur-Musicals, Film-Noir-Einaktern, Tanz-Extravaganzen und Selbstzitaten Madonnas ziehen bei der überraschend düster gestimmten Show vorbei, wie das Leben vor den Augen eines dahinscheidenden Popkultur-Historikers.

Lady Gaga als Zitat

Madonna als Terroristin, Madonna als männermordende, Blut verspritzende Tarantino-Figur. Madonna als Vorbild für Lady Gaga, deren "Born This Way" sie als Zitat einstreut – und zugleich als Kopie von "Express Yourself" beiseite wischt. Madonna als Diktatorin, als Sängerin und als Popstar. Als religiöse Opfergabe und als, nun ja, Jungfrau ("Like A Virgin" kommt als anzügliches Ein-Frauen-Cabaret auf die Bühne).

Und, nebenbei, Madonna auch als Friedensstifterin im Nahen Osten. Die jahrtausendealten Konflikte in der Region "müssen aufhören", dekretiert die Königin.  Kaum fünf Minuten nach der weltpolitischen Problemlösung räkelt sie sich dann in Unterwäsche auf der Bühne.  

Im atemlos abschnurrenden Rundum-Konzert bleibt aber eh keine Zeit zum Nachdenken: Jeder Reiz wird überflutet, jeder Popstartraum erfüllt. Widerstand ist zwecklos. Das Konzert funktioniert hervorragend, trotz der vielen Nummern vom neuen So-la-la-Album "MDNA".  Es gab nur wenige "Klassiker" ("Papa Don’t Preach", "Like A Prayer"). Aber die  glitzernden Superlative, die ununterbrochen hereinbrechen,  sind ansteckend. Emotion, Sympathiefaktor, die Musik, ja, selbst ob und wieviel Madonna live singt, alles  Nebensache: Hier kommt ein kolossaler Popzirkus auf die Bühne, eine Hymne an jene Kunstform, bei der sogar der Tiefgang seicht sein darf. In der  sich synthetisch klingender Gesang,  superlauter Sound und eine fliegende Marschkapelle sinnvoll vermischen können.

Es gibt Hänger, "Masterpiece" ist auch live ein Irrläufer, beim quietschbunten Finale mit Gruppen-Aerobic zu "Celebration"  wird es allzu aufdringlich mit der Oberfläche. Macht aber (fast) nichts: Madonna überrascht mit einer kantigen, frischen, muskulösen, spannenden Show  – alles andere als das Rückzugsgefecht einer alternden Königin.

Zahlen und Fakten: 700 Schuhe

Kosten
Die Show in Tel Aviv soll kolportierten Angaben zufolge 3,1 Millionen Euro gekostet haben.

Glaube
Der Ort für den Tourstart war nicht zufällig gewählt: Die Sängerin ist eine Anhängerin der Kabbala, einer Form der jüdischen Mystik.

Garderobe
Die Garderobe der 53-Jährigen stammte von Designern wie Jean Paul Gaultier, Dolce & Gabbana und Fausto Puglisi. Die Künstlerin trug auch Prada sowie Stücke aus ihrer eigenen Linie Truth Or Dare und Schuhe von Miu Miu. Apropos: 700 Schuhe werden auf die Konzertreise mitgenommen, berichtete Stylistin Arianne Phillips.

Vorprogramm
Martin Solveig, der auch als Ko-Produzent bei einigen Nummern auf "MDN" fungierte, hatte das Vorprogramm bestritten und dabei u.a. Tracks seiner Chefin remixt. Dann gab es ganz viel Michael Jackson zu hören

Tour
Die MDNA-Tour führt Madonna vorerst bis 17. November vor allem durch Asien, Europa und die USA. Zum ersten Mal wird die Sängerin auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Kolumbien und in der Ukraine auftreten. 2013 könnten Konzerte in Australien folgen. In Wien gastiert sie am 29. Juli im Ernst-Happel-Stadion, es gibt noch Tausende Karten.

CD
Der früher unumstrittenen Königin des Pop blies in letzter Zeit ein scharfer Wind entgegen: Ihr Album "MDNA" kam weder bei der Kritik noch beim Publikum sonderlich gut an. Die Show in Tel Aviv war ausverkauft – im Gegensatz zum Wiener Happel-Stadion, wo Madonna am 29. Juli gastieren wird. Für diese Show und auch weitere Tour-Termine sind noch Tausende Tickets zu haben.

Twitter-Kommentare aus Tel Aviv

Der KURIER war auch via Twitter dabei. Lesen Sie hier im Folgenden die spontanen, launigen Kommnentare zur Show. Georg Leyrer (@georgleyrer) twitterte aus Tel Aviv und @KURIER_KULT antwortete - ebenfalls per Twitter.


@KURIER_KULT Pause nach der Vorband. Goldene Wunderlampe hängt auf der Bühne, aber Genie in a Bottle war doch die Aguilera oder?

gibt`s vielleicht einen Überraschungsauftritt von Aguilera aus der Wunderlampe - mit Küsschen gar? ;-)

Pausenmusik aus, Licht aus - keine Madonna... ob das so geplant war?

Madonna-Tour beginnt mit einem Fehlstart - Schweigen im Walde, Publikum klatscht aufmunternd

Nächster Versuch - jetzt hat`s geklappt, Mönche läuten Glocken, Tour ist gestartet

Hmm, jetzt wissen wir endlich, warum Tour und Album heißen: Mönche Des Nachts Aktiv.

Ein Ritt durchs Fegefeuer, tanzende Mönche und Madonna knallt die Tänzer ab - bis jetzt fetzt`s.

Yep, she did it: Madonna zitiert Lady Gaga.

. lass` uns raten ... sie sang: "I wanna take a ride on your disco stick" ^^ #telaviv

ihr habt ja noch ungewöhnlichere fantasien als die schuhdesigner von madonna. jetzt aber ernst, die politische rede läuft

wir sind ja schon ruhig.

"if there is peace here in the middle east, then there can be peace in the whole world"

Vom Friedensappell zur Unterwäsche-Show in 5 Minuten - das schafft wohl nur Madonna. ihr dürft wieder fantasieren

Vom Friedensappell zur Unterwäsche-Show in 5 Minuten - das schafft wohl nur Madonna. ihr dürft wieder fantasieren

URIER KULT @KURIER_KULT

Gitarre hat sie auch schon gespielt, lesen wir auf Twitter. wirklich gespielt oder nur gespielt?

die zwei Akkorde glaub ich ihr sogar.

Falafel & Hummus als Snack, und Sendungen über die andere Queen im TV. Unser Begleitprogramm zu `s tweets aus

Szenenapplaus bei "Like A Virgin". Kein Gekichere.

eorg Leyrer @georgleyrer

Jetzt gibts gerade jazzdance. Hü-hüpf

eorg Leyrer @georgleyrer

Show war aus, Internet war aus - das wars. Spannender als gedacht, Nachtkritik in Kürze online, Link folgt

Kommentare