"Liberace", der brillante Bühnenberserker

Michael Douglas berauscht als flamboyanter Pianist Liberace.

Als hätte er sein ganzes Leben nichts anderes getan, verschmilzt Michael Douglas mit der Rolle des flamboyanten Las-Vegas-Stars und Show-Pianisten Liberace. Spielwütig schlägt er mit seinen Gold-beringten Fingern in die Tasten, bis der Luster auf dem Klavier wackelt. Egal, ob er Boogie-Woogie im doppeltem Tempo oder seelenvolle Chopin-Nocturnen anschlägt – das Publikum jubelt dem brillanten Bühnenberserker begeistert zu. Als „Mr. Showmanship“ Liberace ist Douglas aber ist nicht nur ein begnadeter Musiker, sondern auch eine echte Erscheinung. Seine Aufmachung erinnert an eine Kreuzung zwischen schillernder Disco-Queen und Ludwig von Bayern. Wallende weiße Pelzmäntel umspielen seine silbernen Glitzeranzüge. Rüschenhemden rieseln wasserfallartig über seine Brust. Ein riesiger Stehkragen lässt ihn aussehen wie eine geöffnete Muschel.

In Matt Damon als jugendlichem Liebhaber findet Douglas seinen kongenialen Partner. Donna Summers „I Feel Love“ heult 1977 aus den Lautsprechern, als der Teenager Scott Thorson – auf dessen Autobiografie Steven Soderberghs emphatisch-komisches Liebesdrama beruht – den alternden Entertainer kennenlernt. Sofort schlägt der charmant flirtende Liberace den einsamen Provinzknaben in seinen Bann. Bevor dieser bis drei zählen kann, landet er – ein Glas Champagner in der Hand – mit dem charismatischen Klavierbezwinger im Whirlpool, kurze Zeit später zieht er als sein „Assistent“ in dessen kitsch-berauschte Luxus-Villa ein.

Jahrelang lehnten die Filmfirmen Steven Soderberghs „Liberace“-Projekt – wegen der schwulen Thematik – ab, zuletzt verkaufte es Soderbergh an den Bezahlsender HBO. Damit beendete der „Ocean’s Eleven“-Regisseur (angeblich) seine unglaubliche Filmkarriere mit einer TV-Arbeit, die nun hier ins Kino kommt, in den USA aber nur im Fernsehen lief. Dadurch kann „Liberace“ keinen Oscar gewinnen, aber der Film lief im Wettbewerb von Cannes, und Michael Douglas räumte bei den Emmy-Awards ab – zu Recht. Er spielt seinen narzisstisch-koketten, aber durchwegs liebenswürdigen Verführer mit perfektem Timing und hinreißender Verve.

Gesichtslifting

Soderbergh erzählt die schwule Liebesbeziehung als recht konventionelles, dafür aber großartig goldglitzernd ausgestattetes Stationendrama. Von der stürmischen Verliebtheit über die ersten Ernüchterungen bis hin zu Scotts Drogensucht und dem unschönen Beziehungsende mit Rechtsanwalt filtert er die Erlebnisse aus der Perspektive des bezauberten Jugendlichen. Gleichzeitig unterfüttert er seine Figuren mit dunkler Komik, ohne sich jemals über sie lustig zu machen. Und gerade die herrlichsten Momente entfalten sich im bizarren Detail. So ist Liberaces Eitelkeit grenzenlos – nur in äußersten Notfällen lüftet er seinen Pepi und entblößt die Halbglatze. Sein alterndes Gesicht („Ich sehe aus wie mein eigener Vater!“) lässt er derartig straffen, dass er nachts die Augen nicht mehr schließen kann.

Auch der junge Liebhaber muss unters Messer, um sich als Zeichen seiner Ergebenheit die Gesichtszüge des älteren Lovers ins eigene Antlitz meißeln zu lassen. Matt Damon changiert sein Erscheinungsbild genial zwischen unschuldigem Babyface und Porno-Star.

Bleibt schließlich noch Ex-Poster-Boy Rob Lowe, der den zweifellos unterhaltsamsten und bei Weitem selbstironischsten Auftritt des Films hinlegt – als Schönheitschirurg und Drogendealer, dessen dümmliches Kiffergrinsen im gelifteten Gesicht stecken geblieben ist.

KURIER-Wertung:

Info: USA 2013. 118 Min. Von Steven Soderbergh. Mit Michael Douglas, Matt Damon, Rob Lowe.

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Cast member Douglas arrives for the screening of t
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"Liberace", der brillante Bühnenberserker

Actors Damon and Douglas introduce singer John at
"Liberace", der brillante Bühnenberserker

Spätestens, wenn sich der Familienvater eigenhändig einen Stockzahn aus dem Gebiss zieht, ahnt man, dass er nicht mehr ganz bei Trost ist. Die Ehefrau bemerkt schon früher die Veränderungen in ihrem Haus, in dem Ahnfrauen aus- und eingehen, das Klavier von selbst spielt und der Gemahl zunehmend blasser wird.

Regisseur James Wan, der zuletzt mit seinem eleganten Haunted-House-Horror „The Conjuring“ bestach, setzt im zweiten Teil von „Insidious“ direkt am Erfolg vom ersten Kapitel an. Eine bösartige Geisterwelt sucht ihren Weg in die Familie Lambert und legt mehrere, sich zunehmend verwirrende Erzählspuren. Zwar sorgen gelungene Schockmomente für angenehmen Grusel, verrinnen jedoch mehr und mehr im albern Absurden.

KURIER-Wertung:

Info: USA 2013. 106 Min. Von James Wan. Mit Patrick Wilson, Rose Byrne, B. Hershey.

Wer würde sich das nicht wünschen? Die Dinge, die er/sie vergeigt hat, noch einmal (und dann besser) machen zu können. Diese Chance bekommt der schüchterne Tim an seinem 21. Geburtstag: Da eröffnet ihm sein Vater, dass alle männlichen Mitglieder der Familie eine besondere Fähigkeit hätten. Nämlich jene, zurück in die Vergangenheit zu reisen und ihrem Leben damit eine andere Wendung zu geben. Tim eröffnen sich damit neue Perspektiven: Er schafft in geschätzten zehn Zeitreise-Anläufen und damit verbundenen „Korrekturen“ die Eroberung seiner Traumfrau Mary und sorgt dafür, dass sie (und er) glücklich sind.

Richard Curtis, Erfinder von „Mr. Bean“ und Autor von Welterfolgen wie „Notting Hill“ und „Bridget Jones“, liefert mit dieser romantischen Komödie wieder einen sicheren Publikumshit. Seine Charaktere – allen voran der junge Ire Domhnall Gleeson als Tim, Rachel McAdams und Bill Nighy als Tims Vater – sind liebenswerte Spinner, die Dialoge amüsant und das Setting in Cornwall ist einfach hinreißend. Da kann nichts schiefgehen.

KURIER-Wertung:

Info: GB 2013. 123 Min. Von Richard Curtis. Mit Bill Nighy, Rachel McAdams.

Uninspiriert, aalglatt und gänzlich uncharismatisch spult Regisseur Brad Fuhrmann seinen mechanischen Thriller vom studentischen Traum nach dem großen Geld herunter. Es ist immerhin Justin Timberlake, der als genialer Princeton-Schüler sein mathematisches Talent nicht in den Dienst der universitären Forschung, sondern ins Online-Poker-Spielgeschäft steckt. In Ben Affleck findet er seinen Mastermind und arbeitet für ihn in Costa Rica gegen beste Bezahlung im Casino. Bis naturgemäß alles schiefgeht.

Völlig schematisch wird Szene für Szene – inklusive elendslangem Dialog-Gequatsche – herunterbuchstabiert, ohne jemals den Funken eines visuellen Einfalls zuzulassen. Auch die Love-Story bleibt trotz (oder wegen?) Gemma Arterton jämmerlich.

KURIER-Wertung:

Info: USA 2013. 91 Min. Von Brad Fuhrmann. Mit Justin Timberlake, Ben Affleck, G. Arterton.

"Frau Ella"

Deutsche Komödie mit Matthias Schweighöfer, der in seiner Rolle als Sascha nicht erwachsen werden will. Nachdem ihm seine Freundin erzählt hat, dass sie schwanger ist, baut er gleich einen Unfall und muss ins Krankenhaus eingeliefert werden. Dort lernt er eine 87-jährige Frau (Ruth Maria Kubitschek) kennen, freundet sich mit ihr an und begibt sich mit ihr und seinem Freund Klaus (August Diehl) auf die Spuren ihrer Vergangenheit. Eine abenteuerliche Reise nach Paris beginnt.

"Stein der Geduld"

In einem zerbombten afghanischen Dorf pflegt eine junge Frau ihren älteren Mann, der im Koma liegt. Sie weicht nicht von seiner Seite und offenbart ihm dabei ihre innersten Nöte. Plädoyer des französisch-afghanischen Regisseurs Atiq Raqhimi für weibliche Selbstbestimmung.

"Die große Reise"

Ein Kloster sperrt zu, die Schwestern müssen gehen. Doku von Helmut Manninger, der das Leben der Klosterschwestern im Ausnahmezustand porträtiert.

"Alfie, der kleine Werwolf"

Ein kleiner Bub bemerkt knapp vor seinem siebenten Geburtstag, dass er sich plötzlich in einen Werwolf verwandelt.

"McConkey"

Doku über den kanadischen Extrem-Skifahrer Shane McConkey.

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