Leidenschaft mit Melancholie

Tango als Feuerwerk: „m¡longa“ am Festspielhaus St. Pölten.
Mit "m¡longa" zündet der flämisch-marrokanische Choregraph Sidi Larbi Cherkaoui ein Feuerwerk.

Ein Tanzfeuerwerk zündete der flämisch-marokkanische Choreograph Sidi Larbi Cherkaoui mit „m¡longa“ am Freitag im Festspielhaus St. Pölten. Cherkaoui verbindet traditionellen Tango mit zeitgenössischem Tanz.

Zehn „milongueras“ und „milongueros“ treffen zu Livemusik von Fernando Marzan (zugleich musikalischer Leiter und Pianist), Szymon Brzóska bis Astor Piazzolla auf zwei zeitgenössisch trainierte Mitglieder aus Cherkaouis Compagnie.Dabei dominiert die Tradition von Milongas, Tanztreffen in Buenos Aires, in denen seit 1872 mit verschiedenen Partnern in festgelegter Reihenfolge Tango, Walzer und Milonga getanzt werden. Milongas finden stets im öffentlichen Raum statt, gehören ursprünglich nicht auf die Bühne. Der rasche Rhythmuswechsel liegt den von der Tango-Legende Nélida Rodríguez de Aure trainierten Tänzerinnen und Tänzer im Blut, Posen und Sprünge sowie atemberaubende Schrittfolgen gelingen famos. Viele von ihnen trainieren Tango seit Jahrzehnten. Liebe, Lust und Leidenschaft münden in Kämpfe, Abschied, Trauer und Melancholie.

Oft sind es temperamentvolle Blicke und Gesten, die spektakuläre Bewegungsfolgen ankündigen. Tim Van Steenbergens attraktive, figurbetonte Kostüme verleihen den meist schwarzen Kleidern zeitgenössische Akzente. Behutsam greift Cherkaoui mit seiner Inszenierung in die Tanzshow ein, zum einen mit Spiegel – und Videoeffekten (Eugenio Szwarcer), die Tanzszenen nicht nur in Tanzlokalen, sondern auch vor der Kulisse von Buenos Aires stattfinden lassen: Neben touristischen Attraktionen sind triste Vororte der argentinischen Metropole zu sehen.

Zum anderen erweitert Cherkaoui die Mann-Frau Beziehung im Tango. Das südamerikanische Macho-Klischee des führenden Mannes und der sich unterordnenden Frau wird aufgebrochen, der Tango bleibt nicht länger ein Tanz für zwei, kann auch ein Trio für Männer oder Solo sein.Das zeitgenössische Tänzerpaar hat es gegen so viel tänzerisches Feuer nicht leicht. Doch es bringt in seine Annäherung an den Tango eine spezifische Qualität zwischen spielerischer Leichtigkeit und Akrobatik ein.

KURIER-Wertung:

Von Silvia Kargl

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