"Lady Chatterley" in Reichenau: Let’s talk about Sex

Lady Chatterley in Reichenau
... im Rosamunde-Pilcher-Style

"Lady Chatterley" – da denkt man automatisch an Liebe, Lust, Leidenschaft und pralle Erotik. Immerhin hat der Schriftsteller D. H. Lawrence mit seinem gleichnamigen (oft verfilmten) Roman einst für einen handfesten Skandal im prüden England gesorgt.

Von Skandal jedoch kann – auch wenn das Wort oft in den Mund genommen wird – bei den Festspielen Reichenau natürlich keine Rede sein. Denn die von Regisseur John Lloyd Davies (englische Version) und Renate Loidolt (deutsche Spielfassung) erstellte Dramatisierung erinnert hier eher an eine Rosamunde-Pilcher-Landpartie.

Zu Breitwand-Orchesterklängen färbt sich da in Peter Loidolts stilisiert-naturalistischem Bühnenbild der Himmel rot, wenn Connie Chatterley (Katharina Straßer erobert sich glaubhaft diese Figur) und der stramme, dialektfirme Wildhüter Mellors (Lukas Spisser) einander ihre Gefühle gestehen.

"Unnötiger Vorgang"

Britischer geht es zu, wenn sich der gelähmte und impotente Clifford Chatterley (Tobias Voigt) der Pflegerin Mrs. Bolton (fein: Michou Friesz) anvertraut. Komödiantisch wird es dann, wenn drei noble Freunde von Clifford (gewohnt präsent: André Pohl, Sascha Oskar Weis, Christoph Zadra) über Männer und Frauen sowie Liebe und Sex parlieren. Das Sexuelle als "unnötiger organischer Vorgang" – dieser Aussage könnte sich auch Connies Schwester Hilda (gut: Johanna Arrouas) anschließen.

Aber zur Sache muss es dann doch irgendwie gehen. Dank eines "Kunstgriffes": Allzu einschlägige Textpassagen kommen fast verschämt auf Englisch aus dem Off. Denn irgendwie will ja auch die soziale Komponente noch bedient werden. Das aber geschieht in schwülstigem Pathos und in keimfreier Komfortzone.

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