Der bildgewaltige Zauberer

William Kentridge Zeichnung für den Film "Tide Table", 2003
Das Hauptwerk "Ten Drawings for Projection" stimmt auf William Kentridge ein.

Rund 50 Minuten dauern die zehn Kurzfilme "Ten Drawings for Projection" insgesamt . Und da der Schausaal in der Kunsthalle Krems am Ende eines Rundgangs durch eine umfangreiche Ausstellung von Zeichnungen liegt ("Zurück in die Zukunft", Rezension folgt), ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich sehr viele Besucher alle Filme ansehen werden, wohl nicht allzu hoch.

Der Zeitaufwand würde sich allerdings lohnen: Denn die "Ten Drawings", deren Entstehungszeitraum von 1989 bis 2011 reicht, sind ein Hauptwerk eines der faszinierendsten und renommiertesten Künstlers unserer Tage. Und gerade in der Zusammenschau wird der Bildkosmos des Südafrikaners, der momentan an einer Visualisierung von Schuberts "Winterreise" für die Wiener Festwochen arbeitet, besonders gut deutlich.

Bilder der Ausstellung

Der bildgewaltige Zauberer

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Ausradiert

Was die "Ten Drawings For Projection" verbindet, ist zum einen ihre Machart: Es sind Filme auf der Basis von Zeichnungen, die am Papier verändert und wieder neu abgefilmt werden. Motive werden ausradiert und umgezeichnet, die Spuren des Prozesses bleiben bestehen.

Zum anderen sind die Filme durch ihre beiden Hauptfiguren Soho Eckstein und Felix Teitlebaum verbunden: Ersterer verkörpert dabei den Kapitalisten im Nadelstreif; Letzterer ist sein mitfühlendes Gegenstück. Beide Figuren ähneln äußerlich sowohl einander als auch dem Künstler Kentridge selbst.

Veränderbar

Interessant ist in der Kremser Zusammenschau sowohl die stilistische als auch erzählerische Entwicklung des Zyklus: Wird Eckstein in den frühen Filmen "Monument" (1990) und "Mine" (1991) noch in anklagender Manier als Despot dargestellt, so erscheint er in Folgewerken wie "Felix In Exile" (1994) und "Weighing... and Wanting" (1998) als Zerrissener, von Selbstzweifeln geplagter Charakter. Auch, weil sich zwischen seiner Frau und Felix Teitlebaum eine Affäre entwickelt.

In "Tide Table" (2003) verwandelt sich der Anzugträger schließlich in einen Steine werfenden Buben am Strand – eine Rückblende in die Kindheit und auf das, was sein hätte können.

Hier liegt auch die Magie von Kentridges Zeichen-Trick-Technik: Blitzschnell machen Dinge Metamorphosen durch – ein Telefon wird zur Katze, die Katze zur Bombe – und behalten doch ihre "ursprüngliche" Bedeutung. Kentridge wird im Verlauf des Zyklus immer virtuoser in diesem Spiel.

Der letzte Film "Other Faces", der 2011 entstand und somit auch in der Albertina-Schau "5 Themen" (2010) nicht zu sehen war, ist da ein fulminanter Remix: Wohl dank eines gewachsenen Mitarbeiterstabs "sauberer" und detaillierter ausgeführt, führt der Film vor, welche Bildgewalt Kentridge entwickelt hat – und macht neugierig auf das, was kommt.

Info: Bis 22.6., Kunsthalle Krems, www.kunsthalle.at. Kentridge hält am 10.6. bei den Wiener Festwochen einen Vortrag, seine "Winterreise" (mit Matthias Goerne/Bariton und Markus Hinterhäuser/Klavier) wird am 9., 12., und 14.6., aufgeführt. www.festwochen.at

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