Kunst: Helmut Lang zerfetzt seine Mode

Kunst: Helmut Lang zerfetzt seine Mode
Abgesagt ist die MAK-Ausstellung des österreichischen Modedesigners. Nun zeigt Helmut Lang seine Kunst in den USA. Lang im KURIER-Interview.

Helmut Lang hat seine Mode in den Shredder geworfen. 6000 Modelle, aus seiner Zeit als gefeierter Modedesigner. Was er daraus gemacht hat, ist nun in der Einzelaustellung "Make it Hard" in der Galerie The Fireplace Project in East Hampton (USA) zu sehen. Im KURIER-Interview erzählt er, wie es zur Schau kam, was er von Peter Noever hält, und warum das MAK für ihn eine Sonderstellung hat.

KURIER: Beim Betreten der Galerie habe ich beim Anblick der Skulpturen zuerst an eine Birkenallee gedacht. Bei näherer Betrachtung entpuppen sich die plafondhohen Säulen als Ihre zerstückelte und plastifizierte Vergangenheit. Wie bringt man das übers Herz?
Helmut Lang: Ich war immer gut im Vorwärtsgehen. Louise Bourgeois hat mich mit ihrem Statement "Materialien sind da, um dir zu dienen", darin bestärkt. Schon als Modedesigner habe ich Dinge in einen anderen Zusammenhang gebracht.

Woher kam die Idee, Ihre Entwürfe zu schreddern?
Im Haus in der Greene Street, wo auch mein Archiv untergebracht war, ist vergangenes Jahr Feuer ausgebrochen, das auch auf unsere Stockwerke übergegriffen hat. Dabei ist vieles zerstört worden. Nicht sofort, aber bald ist mir der Gedanke gekommen, ich zerstöre den Rest selbst und mache etwas Neues daraus. Und im Rückblick sage ich: It was a great idea!

Sind damit alle Ihre Kollektionen vernichtet worden?
Nein. Wir sind in den Jahren zuvor von wichtigen Museen weltweit um Kollektionen gebeten worden. Wir haben zum Beispiel 200 Stücke an das Modemuseum im Louvre
geschickt, weitere an das Metropolitan Museum in New York oder das Victoria & Albert Museum in London.

In Österreich gibt es nichts?
Ganz im Gegenteil. Das MAK in Wien hat von mir zu den Silhouetten eine ganz spezielle Sammlung bekommen: Alle Videos meiner Shows, alle Lookbooks, alle Werbekampagnen, alle Shopping Bags, alle grafischen und architektonischen Überbleibsel. Ich habe seit 1986 alles aufgehoben. Man kann sagen, das MAK hat die DNS des HL Brands.

Warum das MAK?
Weil dieses Museum für mich etwas sehr Einzigartiges ist, nicht nur ein Modemuseum, sondern auch eines für Architektur, für Design, die Wiener Werkstätte, eben ein Museum für angewandte Kunst. Peter Noever ist gekommen, hat sich alles angeschaut und gesagt: Ich nehme es. Das war der Beginn unserer Zusammenarbeit. Wenn er nicht gewesen wäre, wäre das alles in der Greene Street gewesen und verbrannt. Außerdem: Ich komme aus Österreich, daher sollte die DNS meiner Arbeit dorthin gehen.

Was soll damit geschehen?
Es sollte ein Raum dafür geschaffen werden. Um das alles zu archivieren, zu beschreiben und zu digitalisieren, braucht es natürlich Zeit und vor allem Geld. Daher wurden und werden Sponsoren gesucht.

Im MAK war ja auch eine Ausstellung mit Werken des Künstlers Helmut Lang geplant. Die haben Sie aber abgesagt. Warum?
Aus zwei Gründen. Peter Noever hat in den vergangenen 25 Jahren so viel für das MAK und die Museumslandschaft gemacht. Dagegen ist das, was er falsch gemacht hat, so verschwindend gering. Dann ist er zurückgetreten, man hat ihn auch noch gekündigt, und er hat alle seine Ansprüche verloren. Das finde ich ungerecht. Zweitens: Ich habe mit Peter Noever zu arbeiten angefangen und wollte nicht mit jemandem anderen weitermachen. Ich bin sehr loyal.

Also nie wieder eine Ausstellung im MAK?
Nicht die mit Noever geplante. Aber wenn der neue Direktor an einer anderen interessiert ist, warum nicht?

Zur Eröffnung der Ausstellung in den Hamptons sind viele Kunst- und Modefreunde aus der ganzen Welt gekommen. Haben Sie den passenden Ort ausgesucht?
Nein, das war ein Vorschlag von Kurator Neville Wakefield. Durch den Wegfall der MAK-Ausstellung hatte ich Zeit. Insgesamt entstehen aus den 6000 geschredderten Teilen rund 120 Säulen. Wir sind mit Galerien und Museen in Los Angeles, New York, London und Berlin in Diskussion. Warum nicht ins MAK damit? Ich habe das Gefühl, das ist mein Break-through-Moment in der Kunst. So wie der damals in der Mode in Paris.

Zur Person: Wiener Modekünstler

Geboren: Helmut Lang kam am 10. März 1956 in Wien zur Welt. Bald nach dem Schulabschluss begann er, als Autodidakt Mode zu machen. Seit den späten 90er-Jahren residiert der "Vater des Minimalismus" in New York.

Mode: Als Modemacher wurde Lang zum Star. Vor allem die schmal geschnittenen Herrenanzüge beeinflussten die Männermode weltweit. 2000 wurde er als erster nicht amerikanischer Künstler ins elitäre Council of Fashion Designers of America aufgenommen. Ab 1999 arbeitete er mit Prada zusammen. 2005 trennte man sich wieder, Langs Label blieb bei Prada.

Kunst: Im Dezember sollte im Wiener MAK die erste große Personale nicht zum Modemacher, sondern zum Künstler Helmut Lang stattfinden. Die Schau
wurde aber wieder abgesagt.

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