Kritik: "The Turn of the Screw"

Kritik: "The Turn of the Screw"
Dem Theater an der Wien gelingt mit Brittens "The Turn of the Screw" ein Traumstart in die neue Saison. Hitchcock auf der Opernbühne.

Aufführungen von Opern aus der Feder von Benjamin Britten (1913-1976) ist eines gemein: Sie sind fast immer ein Erfolg. Das liegt an den dichten, mitreißenden Geschichten; und an der kompositorischen Genialität. Selbst neues Publikum ist von der Musik rasch fasziniert, weil diese nicht zwickt, beißt, kratzt (außer dort, wo sie Irritation als Stilmittel verwendet), sondern mit großer Intensität Inhalte transportiert.

Was jedoch seit Mittwoch im Theater an der Wien zu erleben ist, geht über die übliche Zustimmung des Publikums zu den viel zu selten gespielten Britten-Werken weit hinaus. Die Neuproduktion von "The Turn of the Screw" wurde zum bejubelten Meisterstück.

Verantwortlich dafür sind Dirigent Cornelius Meister und das mit nur 13 Musikern besetzte Orchester des RSO Wien, das im Kollektiv überzeugt, dazu in den solistischen Passagen und bei den Zwischenspiel-Variationen den jeweils richtigen emotionalen Tonfall trifft; weiters sämtliche Sänger; und vor allem Regisseur Robert Carsen .

Preisverdächtige Inszenierung

Seine szenische Umsetzung des auf Henry James basierenden Dramas (erstmals ist Carsen auch für Licht und Ausstattung verantwortlich) ist so beeindruckend, dass es nicht verwunderlich wäre, wenn er für diese Regiearbeit zahlreiche Preise bekäme. Mit filmischen Einspielungen, ausschließlich Grautönen auf der Bühne und präziser Personenführung erzählt er die tragische Geschichte: Eine Gouvernante soll zwei Kinder erziehen, ihr begegnen aber schon bald die Geister des verstorbenen Verwalters und ihrer Vorgängerin, am Ende stirbt der kleine Miles, zwischen der Gouvernante und der Erscheinung des toten Peter Quint aufgerieben.

Carsen enthält sich wie Britten einer klaren Wertung, deutet aber an, dass sexuelle Obsessionen und sogar Kindesmissbrauch eine zentrale Rolle spielen. Packend wie ein Hitchcock-Film läuft das Geschehen auf der Cinemascope-Bühne mit Überblendungen ab. Grandios ist das Bild mit vertikalem Bett, das er schon bei seiner Regie der "Frau ohne Schatten" in der Staatsoper verwendet hat. Auch dort ging es ihm um die psychologischen Hintergründe.

Sally Matthews, die an der Staatsoper als Donna Anna nicht ideal besetzt war, besticht im kleineren Haus darstellerisch und stimmlich als äußerlich biedere und innerlich lodernde Gouvernante. Der gebürtige Grazer Nikolai Schukoff gibt einen diabolischen, verführerischen Quint, Ann Murray eine dramatische Mrs. Grose und Jennifer Larmore eine geheimnisvolle Erscheinung der toten Miss Jessel. Auch die Kinder (Eleanor Burke, Teddy Favre-Gilly) agieren so mysteriös, dass man nicht weiß, wie sehr sie schon vom Bösen befallen sind. Ein herausragender Opernabend!

KURIER-Wertung: ***** von *****

Fazit: Spannend wie ein Thriller

Das Werk Benjamin Brittens Kammeroper "The Turn of the Screw" (Libretto: Myfanwy Piper nach Henry James) wurde 1954 in Venedig (La Fenice) uraufgeführt.

Die Musik Cornelius Meister und das RSO Wien sowie sämtliche Sänger überzeugen.

Die Regie Robert Carsen erzählt das Drama intensiv und packend mit filmischen Mitteln.

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