Kritik: "Salome" in der Volksoper

Kritik: "Salome" in der Volksoper
Die Volksoper spielt "Salome" von Richard Strauss. Und das gar nicht so schlecht. Die Frage nach dem Warum aber bleibt.

Es war ein Kraftakt, doch er hat sich für die Wiener Volksoper zumindest teilweise gelohnt. Ja, das Haus am Gürtel hat jetzt auch "Salome" von Richard Strauss im Repertoire, was historisch begründbar ist. Immerhin war - von einem Gastspiel im Volkstheater abgesehen - die Volksoper jenes Haus, an dem "Salome" in Wien erstmals herausgekommen ist. Die Zensur an der Hofoper machte das 1910 notwendig.

Aber im Jahr 2011? Muss die Volksoper da unbedingt "Salome" spielen? Müssen nicht. Doch - und das ist die positive Erkenntnis nach der Premiere - sie kann es. Auch wenn sie dafür einen teils hohen Preis zu bezahlen hat. Nicht in szenischer Hinsicht, denn da ging man bei dieser Koproduktion mit der Oper von Monte Carlo und jener von Liège auf Nummer sicher. Marguerite Borie hat Strauss' Musikdrama klug in Szene gesetzt. Bei ihr gibt es in der akustisch nicht optimalen, weil weit nach hinten gehenden (und so die Sänger verschluckenden) Ausstattung von Laurent Castaingt wenig zu kritisieren.

Düster

Salome ist hier eine Lolita an der Schwelle zum Frau-Sein; der Schleiertanz ist unpeinlich (es fallen keine Schleier; die gaffenden Männer entledigen sich ihrer Sakkos) gelöst. Die Personenführung ist aller Düsternis zum Trotz gut gelungen; das Beziehungsgeflecht der Protagonisten wird fein herausgearbeitet.

An ihre Grenzen stößt die Volksoper aber in musikalischer Hinsicht. Denn Dirigent Roland Böer - er war als Einziger mit Buh-Rufen konfrontiert - hämmert mit dem an sich willigen Volksopernorchester Strauss förmlich nieder, wird mit der problematischen Akustik des Hauses nicht fertig. Vieles zerfällt in Einzelteile und wird der puren Kraftmeierei geopfert.

Selbstmord

Nicht leicht für die Sänger, die ebenfalls an ihre Grenzen gehen und diese oft sehr weit überschreiten. So ist Annemarie Kremer eine darstellerisch brillante Salome; stimmlich aber ist diese Partie Gift für ihren kleinen, dabei recht schönen Sopran. Das ist ein vokaler Selbstmord mit Anlauf.

Viel besser agiert Sebastian Holecek als in jeder Hinsicht exzellenter und glaubwürdiger Jochanaan; Irmgard Vilsmaier ist eine tadellose Herodias. Wolfgang Ablinger-Sperrhacke gibt einen soliden Herodes; als Narraboth macht Jörg Schneider das stimmliche Elend in den kleineren Partien sehr deutlich. Rühmliche Ausnahme: Martina Mikelić als Page.

Fazit: Musikalisch hart an der Kippe

Werk "Salome" (nach Oscar Wilde) wurde 1905 in Dresden uraufgeführt. In Wien hatte Hofoperndirektor Gustav Mahler Ärger mit der Zensur.

Regie Marguerite Borie hat das Musikdrama klug und Repertoire-tauglich umgesetzt.

Dirigat Vor allem laut.

Gesang Sebastian Holecek überzeugt. Annemarie Kremer ruiniert so ihre Stimme.

KURIER-Wertung: *** von *****

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