Kreisky-Sänger: "Da kann man sich schon betrogen fühlen"

Kreisky
Franz Adrian Wenzl über das neue Album "Blitz", Veränderungen, Politik und Spaß.

"Warum und worüber schimpft der Wutbürger an der Supermarktkasse? Das waren häufig die Themen unserer Songs. Jetzt aber sind Grantler keine lustigen Spinner mehr, sondern Menschen, die in der Masse auftreten. Sie sind in ganz Europa eine eminente Wählergruppe, die etwas bewegen kann. Und zwar absolut nichts Schönes. Da habe ich uns in der Pflicht gesehen."

Obwohl Kreisky-Sänger und Textautor Franz Adrian Wenzl seine Band nicht als politisch sieht, sind seine Texte doch immer schon geprägt von bissiger, ironischer Sozialkritik. Das neue Album "Blitz" ist keine Ausnahme. Aber einen Song, der sich ausdrücklich gegen den Rechtsruck oder Donald Trump wendet, findet man darauf trotzdem nicht. "Das explizit Politische liegt mir nicht", erzählt Wenzl im KURIER-Interview. "Dazu habe ich zu wenig Wissen über Fakten und Zahlen. Ich will eher Gefühle ausdrücken, das Abgründige in den Menschen aufzeigen. Außerdem haben wir das politisch Konkrete mit dem Theaterstück abgearbeitet. Deshalb sind wir auf ,Blitz’ davon befreit."

2017 adaptierten Kreisky "Viel gut essen", ein zeitkritisches Stück der Autorin Sibylle Berg, für das Wiener Rabenhoftheater. Dabei schrieb ein Autor die Texte, "der so etwas gut kann". Wenzl veränderte sie nur ein wenig – so, dass sie für einen Wiener singbar sind. Auf "Blitz" geht Wenzl zeitkritische Themen wesentlich subtiler an, übt Gesellschaftskritik anhand einzelner Charaktere, die oft innerlich brodeln, etwas unterdrücken und nach außen eine andere Fassade zeigen.

In Songs wie "Ein Depp des 20. Jahrhunderts" oder "Mon General" beschreiben Kreisky auf diese Art den Verlust der Welt, wie wir sie kennen. "Jeder junge Mensch entwickelt Wertvorstellungen wenn er aufwächst, aber das ändert sich jetzt alles, und da kann man sich schon betrogen fühlen. Wenn ich als Beispiel dafür CD-Sammlungen anführe, die früher viel und jetzt nichts mehr wert sind, ist das im Kleinen das selbe, wie sich im Großen um Werte wie Toleranz und Solidarität betrogen zu fühlen. Es ging mir darum, dass sich die Leute in dem Gefühl wiederfinden, nicht darum, deutlich zu machen, ich bin für das eine und gegen das andere."

"Klar, dass man hilft"

Fast traurig erzählt Wenzl, der in der Zweitkarriere als Austrofred unterwegs ist, dass er manchmal gar nicht fassen kann, wie schnell die Veränderungen gekommen sind. "Für mich ist klar, dass man Leuten, die schwerstens vom Krieg betroffen sind, hilft und zusieht, dass sie ein Auskommen und ein menschenwürdiges Leben haben. Ich denke, das sollte in jedem Menschen drinstecken und bin baff, was für absurde Ziele dem immer entgegengehalten werden. Das heißt es, das können wir uns nicht leisten – obwohl sich der Staat so viel Scheiße leistet. Und auch als Mensch: Man könnte vieles abgeben, was man eigentlich nicht braucht, wenn man das mehr verinnerlicht hätte."

Aber – befreit durch die Arbeit an "Viel gut essen" – dürfen auf "Blitz" durchaus auch die Liebe, Beziehungen und ihre absurden Seiten im Fokus stehen. Und es dürfen Texte albern bleiben, nur weil es lustig ist. Das, sagt Wenzl, hätte er sich früher nicht erlaubt.

Auch die Musik ist nicht mehr so beharrlich auf Krawall gebürstet. Immer noch regiert die vorwärtstreibende Energie, die auch die früheren Kreisky-Alben ausgemacht hat, aber sie ist tanzbarer, luftiger, und lockerer umgesetzt als bisher. "Das war das Konzept, das wir uns vorgegeben haben", sagt Wenzl. "Wir wollten an nichts lange herumfeilen und die Stücke so schnell nachdem wir sie geschrieben haben wie möglich aufnehmen. Denn wir haben Demos vom letzten Album angehört, an dem wir lange herumgetüftelt haben. Und wir fanden, dass man ihnen diese Freude darüber, auf einen neuen guten Song gestoßen zu sein, anhört. Diese rohe Dringlichkeit wollten wir diesmal einfangen. Und ich denke, das haben wir."

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