
© Nina Keinrath
Rockiger Aufguss in der Jugendsauna
Kritik: Laut, schweißtreibend und locker in der Hüfte: Kraftklub begeistern im ausverkauften Flex.
Nach vier Songs wird zum ersten Mal die Temperatur und Luftfeuchtigkeit gemessen: Felix Brummer, baumlanger wie charismatischer Sänger der deutschen Band Kraftklub, holt ein Thermometer hervor und ist mit dem Messergebnis noch nicht ganz zufrieden: "71 Prozent Luftfeuchtigkeit. Und das bei 30 Grad Celsius. Wien, da geht noch mehr!"
Im restlos ausverkauften Flex brodelt es gewaltig. Das junge oder sehr junge Publikum steht dicht gedrängt und voller Erwartungen vor der Bühne. Viele schwitzen schon lange bevor Gitarrensaiten angeschlagen werden. Einige verzichten gleich auf ein T-Shirt und stellen ihre käsige Hühnerbrust zur Schau. Dementsprechend streng riecht es dann auch im Saal, in dem ganz vorne die kreischenden Mädchen ihren Platz gegen die Jungs verteidigen, die sich gerne gegenseitig im Moshpit umspringen. Dahinter steht der entspannte Rest, der nicht unbedingt angeschüttet oder umgerannt werden möchte.
"Scheiß in die Disco"
Mit "Hand in Hand", einem Song aus ihrem zweiten und aktuellen Album "In Schwarz" eröffnet die Indie-Rockband aus Chemnitz (Karl-Marx-Stadt) den Abend. Kaum donnern die ersten Akkorde aus dem Verstärker, fliegen auch schon Becher quer durchs Flex. Immer wieder wird dabei auch die Bühne ins Ziel genommen, was der Frontmann nicht besonders lustig findet: „Hey Leute, hier steht Technik!“.
"Konvoi in Schwarz" heißt die aktuelle Tour von Kraftklub, die seit der Gründung im Jahr 2009 einen kometenhaften Aufstieg hingelegt haben. Spielte das Quintett vor drei Jahren noch für das sprichwörtliche "Würstl und a Bier", verpasste ihnen die Anti-Berlin-Hymne "Ich will nicht nach Berlin" vom Debütalbum "Mit K" einen kräftigen Popularitätsschub. Heute füllt die Band Hallen und wird als Headliner für Festivals gebucht. Mit dem neuen, zweiten Album "In Schwarz" stieg man in Österreich auf Platz zwei in den Charts ein. Ein Erfolg, mit denen einige Kraftklub-Fans der ersten Stunde Probleme haben. Mit "Unsere Fans" thematisiert die Band diese Kritik dann ironisch: "Unsere Fans haben sich verändert, unsere Fans haben sich verkauft“, heißt es da im Refrain, der im Flex euphorisch mitgesungen wird.
Den tobenden und zappeligen Vorsänger gibt dabei stets Felix Brummer. Er tänzelt lässig und locker am Bühnenrad, hastet mit seinem Sprechgesang den nach vorne stürmenden Gitarrenriffs hinterher, verstolpert sich dabei hin und wieder mal, aber findet im Refrain wieder die Spur: "Ich wär gern weniger wie ich / Ein bisschen mehr so wie du...".
Dazwischen nimmt er ein Bad in der Menge, flirtet mit dem Publikum und tanzt mit einem Fan einen Walzer auf der Bühne. Das ist Leistungssport. Die Röhrenjeans und schwarzen Polos sind durchgeschwitzt. "Deine Gang", "Randale" und am Ende "Scheissindiedisko" dröhnen durch den hocherhitzten und aufgebrachten Club. Zeit für einen Blick aufs Thermometer. Brummer ist zufrieden: "81 Prozent Luftfeuchtigkeit bei 32 Grad Celsius". Kreisch!
Tipp: Kraftklub spielen am 17. Februar in Graz (Orpheum) und am 18. Februar erneut in Wien (Gasometer). Für beide Konzerte gibt es noch Karten.
Fotos vom Auftritt im Flex
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