Kostümschinken für den Kunstsalon
Er war ein Superstar, er war populär, und junge Römer mochte er auch: Hätte Falco den Maler Lawrence Alma-Tadema gekannt, hätte er ihm vielleicht ein musikalisches Denkmal gesetzt.
Der Künstler, dessen Werk nun im Unteren Belvedere in Österreich erstmals umfassend ausgebreitet wird, hat unzweifelhaft Pop-Appeal, selbst wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint: Der gebürtige Niederländer, der bis in die 1970er als Kitschmaler verschrien und am Markt praktisch wertlos war, verstand es zu Lebzeiten nämlich vortrefflich, sein Werk mit innovativen Methoden zu vermarkten und einen Kult um seine Person aufzubauen.
Marketing-Genie
Alma-Tadema war der Kunstliebling des viktorianischen England, ein Jeff Koons des 19. Jahrhunderts. Die reichen Eliten jener Zeit liebten die Bildwelten, in die der 1870 vom Festland nach London übersiedelte Künstler entführte: Präziser als alle anderen verarbeitete er antike Vorbilder, die zu jener Zeit durch Ausgrabungen und die Erforschung Pompejis bekannt wurden, und ließ sie „echt“ und lebendig wirken.
Zugleich stilisierte Alma-Tadema seine mit 66 Zimmern ausgestattete Künstlervilla samt großem Garten zu einer pseudo-antiken Parallelwelt: Viele der Bilder, auf denen sich schöne Menschen auf Marmorbänken und Tigerfellen räkeln, sind quasi gemalte „Homestories“: Einer Hochglanzillustrierten-Fotostrecke nicht unähnlich, hielten sie den Glamourfaktor Tademas hoch.
Malerei für Hollywood
Der Showbusiness-Appeal – Regisseur George Lucas, Musical-Guru Andrew Lloyd Webber und Schauspieler Jack Nicholson sind erklärte Tadema-Fans – liegt auch darin, dass der Künstler ganz genau wusste, wie man in einem Bild Geschichten erzählt.
Alma-Tademas Kundschaft gefiel sich in den Bildern jedenfalls – auch im mittelalterlichen oder alt-ägyptischen Kostüm. Das Bild „Auffindung des Moses“ (1904) wurde für den Erbauer des Assuan-Staudamms gemalt, dessen eigene Tochter saß für die Tochter des Pharaos im Bild Modell.
Als Alma-Tademas Ruhm verblasste, wollten Museen das Werk nicht einmal geschenkt, erzählt Kris Callens, Direktor des Fries-Museums. 2010 erzielte es bei Sotheby’s 35,9 Millionen US-Dollar – das Zehnfache des Schätzwerts und der höchste Preis für ein Bild jener Epoche. In diesem Sinn ist die Belvedere-Schau auch ein Lehrstück über die Konjunkturwellen des Kunstgeschmacks.
INFO
Die Ausstellung„Lawrence Alma-Tadema: Dekadenz & Antike“ wurde vom Fries Museum in Leeuwarden/NL gestaltet und ist bis 18. Juni im Unteren Belvedere zu sehen.
Die umfangreiche Publikation „Lawrence Alma Tadema – Klassische Verführung“ (Prestel Verlag), kostet in einer Paperback-Ausgabe 29,95 €, in der Hardcover-Version 51,40 €.
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