Kleiner Wert und großer Preis

Thomas Drozda kritisiert unter anderemWolfgang Sobotka
Die unglaublich teure Untersuchung der Vorwürfe gegen Belvedere-Direktorin Agnes Husslein-Arco wirft viele Fragen auf.

Thomas Drozda, der neue Kulturminister, ist in einer misslichen Lage. Denn einerseits findet er es ungeheuerlich, wie einst mit Gerald Matt umgegangen wurde. Der 2012 abberufene Direktor der Kunsthalle Wien hatte zwar sein Team gegen sich aufgebracht und beträchtliche Reise- wie Telefonkosten verursacht. Aber Matt hatte sich nichts strafrechtlich Relevantes zu Schulden kommen lassen. Die Reputation ist dennoch ruiniert.

Andererseits ist Thomas Drozda nun in die Belvedere-Schlammschlacht involviert. Und er muss – möglicherweise fassungslos – zuschauen, wie sich die Angelegenheit, die er geordnet abgehandelt wissen wollte, zu einer unglaublichen Affäre entwickelt. Denn er hatte die Weisung erteilt, dass die Vorwürfe gegen die erfolgreiche, wenngleich herrische Direktorin Agnes Husslein-Arco genau zu prüfen seien.

Hans Wehsely, der Kuratoriumsvorsitzende, beauftragte freihändig BDO sowie die Kanzlei Maxl & Sporn mit der Untersuchung. Verrechnet wurden Stundensätze, bei denen man im Kulturbetrieb mit den Ohren schlackert. Und die Zahl der Arbeitsstunden – exakt 690 – macht Staunen. Gesamtkosten daher: 175.881 Euro.

Laut Bundesvergabegesetz dürfen aber nur Aufträge bis zu einem Volumen von 100.000 Euro direkt vergeben werden. Zudem stellt sich die Frage, ob bei der Beauftragung das Vieraugen-Prinzip eingehalten wurde. Daher brach gerüchteweise leichte Panik aus. Die Folge war, dass die Berater ihre Honorare reduzierten. Die BDO-Rechnung soll sich nun auf 98.520 Euro belaufen.

Vaterland gerettet, Gesetz eingehalten? Wohl kaum, da BDO auf die zusätzliche juristische Expertise durch Maxl & Sporn bestand. Die Gesamtkosten neu machen 130.370 Euro aus, liegen also deutlich über dem Limit.

Zum Vergleich: Die aufwendige forensische Untersuchung der KPMG über die desaströse Buchhaltung im Burgtheater unter der Leitung von Matthias Hartmann und Silvia Stantejsky ("Projekt Sopran") kostete keine 90.000 Euro. Sie brachte Malversationen und "dolose Handlungen" ohne Ende zu Tage. Im Fall Belvedere hingegen geht es um Reiseabrechnungen, die nicht hätten sein dürfen. Das Perfide an der Geschichte: Die Prokuristin akzeptierte die Rechnungen der Direktorin, zeichnete sie gegen – und vernaderte Husslein-Arco danach.

Fast alle anderen Verfehlungen, die bisher bekannt wurden, hätten eher von einer Ethik-Kommission geprüft werden müssen. Husslein-Arco soll z. B. darauf bestanden haben, dass Adelige mit ihren Titeln angeschrieben werden. Sie soll ihr Auto mit gesponserten Getränken (Wein, Sekt) beladen haben lassen. Und sie soll verlangt haben, dass man ihr beim Empfang nicht Prosecco, sondern "echten" Champagner serviert. Wenn man die Powerfrau kennt, die jeden Tag 24 Stunden für "ihr" Museum brennt, muss man sagen: Das alles klingt ziemlich wahrscheinlich.

Aber rechtfertigen diese Unsitten, den mit Ende des Jahres auslaufenden Vertrags von Husslein-Arco nicht zu verlängern? Rechtfertigt eine Strafanzeige der Prokuristin, die ihre fleißig zusammengesammelten Vorwürfe erst ausspielte, als sie wusste, nicht zur Geschäftsführerin ernannt zu werden, Husslein-Arco abzuberufen? Und rechtfertigt das festgestellte Schadensausmaß (4.500 Euro im letzten Jahr) die enormen Kosten für die Untersuchung und all die Anwälte (samt Thomas Angermair und Bernhard Hainz)?

Thomas Drozda, der neue Kulturminister, ist in einer misslichen Lage. Auch aus einem anderen Grund. Denn im Falle des ORF sprach er sich für eine Alleingeschäftsführung aus. Ob das angesichts der Vorkommnisse im Belvedere so gescheit ist?

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