Kendrick Lamar: Das übersprudelnde schlechte Gewissen der USA

Kendrick Lamar: In päpstliche Gewänder gehüllt
DAMN ist der durchkomponierte Beweis dessen, was im Rap derzeit künstlerisch möglich ist

Bräuchte es eines Beweises, das Rap derzeit übergeht an kreativen und handwerklichen Meisterleistungen, man müsste einen 29-Jährigen aus Compton vorladen: Kendrick Lamar rappt, performt, kurz: gestaltet seine kaputte Welt in einer Weise, die nicht nur Barack Obama Respekt abringt ("How much a Dollar Cost" bezeichnete der einmal als seinen Lieblingstrack).

Lamar hat nach einem spröden Skizzenheft ("Untitled Unmastered", 2016) am Karfreitag mit "DAMN" ein durchkomponiertes Album auf den Markt geworfen, das alles kann, was man sich im Jahr 2017 wünschen würde. Auch visuell: Das Video zur Vorab-Single "HUMBLE" lässt Lamar in einen Stilmix tauchen, den nur wenige unbeschadet überstehen. "Bitch be humble" pumpt er zum Refrain, der Künstler hat sich in päpstliche Gewänder gehüllt und steht in einem kathedralenartigen Raum.

All das manifestiert die Trias, in der sich der strikte Alkohol- und Drogenverweigerer bewegt: Bescheidenheit, künstlerische Gefechtsbereitschaft und der Verweis auf seine Liebe zu "normal" geratenen Menschen. Die mit Einzelworten benannten Tracks sind in Großbuchstaben gehalten: "BLOOD", " HUMBLE", oder "XXX". Letzerer ist eine Kollaboration mit – man höre und staune über dieses Amalgam – : U2. Eine raptechnische Offenbarung eines Mannes, der auszog, um die Welt zusammenzuschimpfen.

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