Jubel für Geyrhalters "Donauspital"-Doku
Wie Tiere schnurren die gelben Wägelchen die halbdunklen Gänge entlang. Wäre da nicht die Tonbandstimme, die auf den automatischen Transport hinweist – es wäre wie im Sciencefiction-Film.Das erste Bild aus Nikolaus Geyrhalters bei der Diagonale erstmals gezeigtem Film "Donauspital" über das Sozialmedizinische Zentrum Ost. Hier wird geboren, geheilt, gestorben: Ein Film über das Leben. Das Porträt eines modernen Krankenhauses, dessen Routine beeindruckt, beruhigt aber auch rührt. Wie die geübten und doch liebevollen Handgriffe des Kinderarztes, der einen Säugling mit dem Stethoskop abhört. Die Ärztin, die den alten, vor Schmerzen stöhnenden Mann untersucht. Man leidet mit, wenn ein Mensch, den Körper nur mit einem Tuch bedeckt, in die weiße Röhre zur Computertomografie geschoben wird, nur die nackten Füße sind zu sehen. Erst recht leidet man, wenn Kind anästhesiert wird. Und man ist dennoch beruhigt von den routinierten, doch zärtlichen Gesten der Ärzte und Pfleger: Wie die Krankenschwester dem einschlafenden Kind noch über die Wange streicht.
Die Doku beobachtet das Geschehen in der Spitalsküche, in der Pathologie und in den Operationssälen. Nicht die Leistungen des Einzelnen, sondern die Zusammenarbeit stehen im Zentrum des Films. Mensch und Technik miteinander. Jeder davon wie ein Rädchen, das die gigantische Spitalsmaschine am Laufen hält. Man denkt unwillkürlich über die Verletzlichkeit des Menschen und dieser Spitalsmaschine nach. Was, wenn Sand ins Getriebe kommt? Doch der souveräne Umgang jedes einzelnen Beteiligten beruhigt wieder
Der Film kommt gut ohne Kommentare aus. Wenn am Dach des Krankenhauses der ÖAMTC–Hubschrauber landet, dann weiß man, dass es jetzt um Leben und Tod geht.
(Barbara Mader)
Bei der Kino-Premiere am Donnerstagabend bekamen Geyrhalter und sein kleines Team langen Applaus. Die Doku ist am Sonntag um 23.05 Uhr in ORF 2 zu sehen. Für Diagonale-Leiterin Barbara Pichler ist "Donauspital - SMZ Ost" ein "besonderer Film, egal ob für Kino oder Fernsehen". Dass die Doku eine ideale Hybridform darstellt, die sowohl auf der großen Leinwand als auch auf dem kleinen Bildschirm ihr Publikum faszinieren wird, zeige ihre Qualität - und nicht zuletzt die Wichtigkeit des ORF als Koproduzent für die österreichische Branche.
Drehbuchpreise an Brunner und Lutz bzw. Schleinzer
Beim Filmfestival Diagonale sind am Freitag die Drehbuchpreise verliehen worden: Der Carl-Mayer-Hauptpreis der Stadt Graz zum Ausschreibungsthema "Empörung" ging dabei an die Wiener Christoph Brunner und Kevin Lutz für den geplanten Kinofilm "Constantin Nikolaus Bickermann". Mit dem Thomas-Pluch-Hauptpreis wurde Markus Schleinzer für sein Skript zu "Michael" ausgezeichnet. Beim Drehbuch von Brunner und Lutz würdigte die Jury den "spielerischen Umgang mit Figuren und Motiven."
In "Constantin Nikolaus Bickermann" erzählen die beiden Autoren, wie drei Menschen den Boden unter den Füßen verlieren: So belangt u.a. eine schwangere Schülerin ihren Religionslehrer wegen der Vaterschaft, einem Gesellschaftsreporter wird seine amtliche Identität gestohlen und eine Bühnenbildnerin erfährt beim Begräbnis ihres moldawischen Geliebten in dessen Heimat, dass der Tote Auslöser von allerhand Verstrickungen war, so die Jury. Brunner und Lutz erhielten den mit 14.500 Euro dotierten Hauptpreis; der Förderungspreis, der 7.200 Euro mit sich bringt, wurde an den Wiener Hüseyin Tabak für "Es war einmal in Wien" verliehen. Darin erzählt Tabak von Unruhen in Ottakring, die durch eine Schießerei an einer Tankstelle ausgelöst werden, bei der ein junger Türke und ein Polizist sterben.
Für den Thomas-Pluch-Hauptpreis gibt es 11.000 Euro, dieser ging an Schleinzer für "Michael", der zweigeteilte Thomas-Pluch-Würdigungspreis des Kulturministeriums ging mit je 5.500 Euro an Thomas Reider und Sebastian Meise für ihren verstörenden, Pädophilie thematisierenden Spielfilm "Stillleben" sowie an Stefanie Franz für "Papa".
Die Preise wurden am Freitag zu Mittag im Kunsthaus Graz u.a. vom Grazer Kulturstadtrat Michael Grossmann übergeben.
INFO: Filmfestival Diagonale 2012, bis 25. März in Graz
Kommentare