Joel und Ethan Coen im Interview: "Wir halten uns lieber kurz"

Joel und Ethan Coen über ihre Hollywood-Satire "Hail, Caesar!", Wasserballett und Fernsehen.

Joel und Ethan Coen lieben es, sich für George Clooney möglichst peinliche Situationen auszudenken. Denn mal ganz ehrlich: Wer möchte schon einen so feschen und smarten Kerl wie George Clooney als feschen und smarten Kerl sehen?

Da ist es doch viel lustiger, ihm eine lächerliche Römerfrisur zu verpassen und ein Kettenhemd mit Sandalen anzulegen.

"Außerdem", fügt Joel Coen im KURIER-Interview in Berlin noch hinzu, "hat George Clooney sehr viel Humor und ist ein begabter Komiker. Die wenigsten Regisseure besetzen ihn in solchen Rollen, doch wir haben sein komisches Potenzial von Anfang an erkannt. Im übrigen muss man ein sehr guter Schauspieler sein, um eine wirklich dumme Person spielen zu können."

Und besonders schlau ist Clooney in seiner Rolle als Schauspieler, der eine Hauptrolle in einem biblischen Kostümfilm hat, tatsächlich nicht. In einer Drehpause wird er von Kommunisten entführt und bringt durch sein Verschwinden die gesamte Filmproduktion durcheinander.

Mit ihrer höchst unterhaltsamen Hollywood-Satire "Hail, Caesar!" (Kinostart: Donnerstag, 18. 2.) eröffneten die Coens bereits zum zweiten Mal eine Berlinale. Vor fünf Jahren kamen sie mit ihrem Western "True Grit" nach Berlin, in "Hail, Caesar!" nehmen sie die Goldene Studio-Ära der 50er-Jahre ins Visier.

Ähnlich wie Woody Allen können auch die Coens für vergleichsweise wenig Geld immer wieder hochkarätige Schauspieler in ihr Ensemble holen. In "Hail, Caesar!" gibt Josh Brolin einen Studioboss, der verschiedene Filmproduktionen gleichzeitig unter Kontrolle halten muss. Bei seinen Set-Besuchen entfalten sich herrliche Szenen: Scarlett Johansson macht als glitzergrüne Nixe Wasserballett wie einst Esther Williams – und Channing Tatum ("Magic Mike") legt einen fulminanten Stepptanz hin wie Gene Kelly in seinen besten Tagen: "Die Idee, Channing Tatum genauso wie in alten Filmen steppen zu lassen, hat uns sehr gefallen", sagt Joel Coen: "Die Wasserballett-Szenen waren da schon um einiges schwieriger und eine echte handwerkliche Herausforderung."

Fernsehen? Nein, danke

Apropos Herausforderung: Zum Werk der Coens zählen Dauerbrenner wie "The Big Lebowski" oder "Fargo" – und Letzterer inspirierte lose eine gleichnamige TV-Serie.

Ob sich die beiden Regisseure vorstellen könnten, selbst eine Serie zu drehen?

Joel Coen: "Nein, eigentlich nicht. Erstens sind wir selbst keine besonders großen Fans vom Fernsehen – das interessiert uns nicht wirklich. Und wir haben noch nie einen Film gemacht der länger als zwei Stunden und fünf Minuten gedauert hat. Oder?" Ethan Coen: ",No Country for Old Men‘ hat zwei Stunden, zwei Minuten gedauert. Und da sind wir schon ausgeflippt." Joel Coen: "Ja, wir halten uns tendenziell lieber kurz."

Nein, sie habe kein Problem damit, eine Großmutter zu spielen, sagte Isabelle Huppert in Berlin: Sie sei nämlich auch im wirklichen Leben eine. In „L’Avenir“, zu deutsch: „Was kommt“, dem ersten französischen Beitrag im Wettbewerb der Berlinale, muss Isabelle Huppert einige Rückschläge hinnehmen – doch das Großmutter werden gehört nicht dazu.

Joel und Ethan Coen im Interview: "Wir halten uns lieber kurz"
epa05139548 An undated handout film still provided by the Berlinale organization on 02 February 2016 shows French actors Isabelle Huppert (L) and Roman Kolinka in a scene of 'L'avenir' (Things to Come). The movie by French director Mia Hansen-Love will be presented in the official Competition program at the 66th Berlin International Film Festival 'Berlinale' that will run from 11 to 21 February 2016. EPA/BERLINALE / HANDOUT ATTENTION EDITORS: FOR EDITORIAL USE ONLY IN CONNECTION WITH CURRENT REPORTING ON THE BERLINALE 2016/ USAGE PERMITTED ONLY UNTIL 21 MARCH 2016 HANDOUT EDITORIAL USE ONLY/NO SALES

Als engagierte Philosophie-Lehrerin namens Nathalie steht Huppert zu Beginn von „L’Avenir“ mitten im glücklichen Leben: Sie hat einen Ehemann und zwei erwachsene Kinder, respektvolle Schüler und einen Buchautorinnen-Vertrag. Alles läuft gut – bis der Mann aus heiterem Himmel erklärt, er habe eine Geliebte und ziehe aus.
Regisseurin Mia Hansen-Løve erzählt diese schmerzvollen Ereignisse nicht als schluchzendes Melodrama. Es gibt keine Nervenzusammenbrüche, keine eskalierende Streitgespräche. Nathalie nimmt die Trennung kühl zur Kenntnis und führt ihr Leben ohne Mann weiter. Trotzdem werden Blessuren sichtbar, Risse spürbar, aufkeimende Einsamkeit greifbar. Huppert ist exzellent dabei, nicht große Gefühle, sondern Nuancen mit ihrem Gesicht, ihrem Körper zu erzählen. Mit „L’Avenir“ lieferte Hansen-Løve – übrigens verheiratet mit Olivier Assayas – einen herausragenden Beitrag des französischen Kinos.
ÜbersinnlichAuch der US-Beitrag von Jeff Nichols setzte einen starken Akzent: In „Midnight Special“ erzählt der Regisseur von einem Buben, der übersinnliche Kräfte besitzt und sich in eine andere Welt wünscht – ähnlich wie einst „E.T. – Der Außerirdische“. Und tatsächlich bezieht sich Jeff Nichols ganz bewusst auf das Science-Fiction-Kino von Steven Spielberg. Genau wie Spielberg wollte Nichols in „Midnight Special“ das Mysteriöse betonen. Das Ergebnis ist ein völlig unironischer, mutig-pathetischer und in jedem Fall gänzlich überraschender Film.

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