Zwischen allen Stilen

Der österreichische Pianist David Helbock beim Eröffnungskonzert
Mit einem Mix aus verfremdeter Tradition und Moderne, also Musik zwischen allen Sparten, setzt sich der Konzertreigen am Steinernen Meer zum 34. Mal in Szene.

Der Klang schlägt hohe Wellen, wenn etwa die Lungau-Bigband oder die Donauwellenreiter, irgendwo zwischen Pop, Kammermusik und Jazz angesiedelt, Open Air am Rathausplatz in Saalfelden aufspielen. Oder Harry Sokal ein Almkonzert gibt, vorausgesetzt: das Wetter lässt es zu.

Die Gastromeile mit Schmankerln von indischer Küche bis Würstel mit Laugenweckerl vor der Tür passt zur Klangvielfalt Indoor, wo alljährlich Ende August das Festival zu Hause ist, das als „Bühne für das Außergewöhnliche“ konzipiert ist. Wo Tendenzen zeitgenössischer Musik selektiv auf dem Programm stehen. Wo man sich konsequent der Kommerzialisierung verweigert.

Merkwürdig nur, dass man dem Festival-Gründer Gerhard Eder – er organisiert das Festival Jazz & the City (9. bis 13. Oktober) in Salzburg – via Brief explizit „Hausverbot“ erteilte, selbst wenn er sich ein Ticket kaufen sollte.

Am Freitag im bis auf den letzten Platz gefüllten Congress warten alle gespannt, bis sich auf der Mainstage endlich der Vorhang öffnet.

Experiment

Die Rituale beim Jazzfestival sind seit vielen Jahren die gleichen. Nur die Eröffnungskonzerte sind stets neu, weil als Kompositionsauftrag vergeben. Diesmal entführt der junge österreichische Pianist, Keyboarder, Komponist und musikalische Crossover-Spezialist David Helbock ins weite Land der freien Klänge.

Auch bei seinem Projekt Action Figures in Quartett-Besetzung mit Tony Malaby (Sax) und Marcus Rojas (Tuba) wird er seinem Ruf als gewiefter Sound-Tüftler und konsequenter Spurensucher am Puls der Zeit gerecht.

Ins Konzept des Festival-Organisators Mario Steidl, Zeitgenössisches zwischen allen Stilen ins Schaufenster zu stellen, heuer mit vielen großen Bands, passt auch „Tower-Bridge“: Der französische Gitarrist Marc Ducret mit zwölfköpfiger Formation. Inspiriert von Vladimir Nabokovs verschlungener, oft kryptischer Erzähltechnik beim Roman „Ada oder das Verlangen“, entstanden vertrackte Kompositionen, immer wieder überraschende Sounds und wilde Improvisationsausflüge in der beim Festival präsentierten Kurz-Version. Wobei es sich durchaus lohnt, die 1:50-Langfassung im Live-Web auf Arte nachzuhören.

Bassist Scott Scolley ist vor allem als versierter Begleiter von Gary Burton, Herbie Hancock und Diana Krall bekannt. Fast schon nach Mainstream und damit für Saalfelden ungewöhnlich klingt der Tieftöner, der zuletzt mit seinem Album „Empire“ aufhorchen ließ, mit dem Quintett, in dem der stets großartige Antonio Sanchez am Schlagzeug sitzt.

Als ideales Betthupferl fungiert dann lange nach Mitternacht Steven Bernstein im Quartett u. a. mit Drummer Bobby Previte. Der Trompeter dekonstruiert und rekonstruiert – kurzum: ironisiert – in „Omaha Diner“ lustvoll Popsongs.

www.jazzsaalfelden.com

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