Ioan Holender über den Kulturbegriff von Martin Traxl

Ioan Holender über den Kulturbegriff von Martin Traxl
Gastkommentar: Der ehemalige Staatsoperndirektor über den "Kulturbegriff des Herrn ORF-Kulturchefs".

Es gibt wohl keinen Kulturjournalisten von irgendeiner Zeitung auf dieser Welt, welcher öffentlich die Meinung vertritt, dass die Zeitung, in welcher er/sie schreibt, durchaus genügend Platz für das Feuilleton hat.

Ganz im Gegensatz dazu der Kulturchef des ORF: Man sollte wohl auch andere Berichte wie Heirats- und Scheidungsangelegenheiten oder Artikel darüber, was Künstler auf allen Ebenen der Unterhaltung, der Gesellschaftsebene oder einfach als Adabeis tun, zur Kulturberichterstattung zählen.

Der Chef der schon lange kaum wahrnehmbaren Kulturberichterstattung des ORF ist aber hoch zufrieden mit Ausmaß und Art dessen, was sein Sender berichtet. Ganz natürlich klassifiziert er eine Sendung wie "Liebesg’schichten und Heiratssachen" als Kulturbericht. Diese wird ja auch von seiner Abteilung produziert, wie er stolz vermerkt. Und Kindersendungen jeglicher Art gehören jetzt plötzlich ebenfalls zu den Kultursendungen.

Nur die bösen Journalisten, die jeden Abend im Theater sitzen und deshalb gar nicht wissen können, was der ORF eigentlich an Kulturnachrichten bringt, die allerdings auch sonst keiner sehen konnte, und die Medienbehörde, welche mehr Kulturberichte von einem öffentlichen Sender fordert, sind schuld, dass sie den ORF wegen zu weniger Kulturberichte kritisieren, weil sie nicht wissen, was zur Kultur gehört.

(Alles, bei dem ein Burgschauspieler wo auch immer mitwirkt, gilt als Kultur.)

Mit seiner Stellungnahme zur allgemeinen Kritik im KURIER-Gespräch ("Da kann etwas nicht stimmen") hat er sich allerdings seinem Generalintendanten, was Kritik-Unverträglichkeit betrifft, als ebenbürtig erwiesen.

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