Interview mit "Kaviar"-Regisseurin: „Österreich lebt in einer Comedy“

Die russische Filmregisseurin Elena Tikhonova drehte die Korruptionskomödie „Kaviar“
Die russische Regisseurin Elena Tikhonova erzielte mit ihrer Filmkomödie „Kaviar“ einen „Strache-Effekt“.

Sie sei sprachlos gewesen, als sie von dem Strache-Video auf Ibiza erfahren habe, sagt die russische Regisseurin Elena Tikhonova: „Die Realität hat meinen Film eingeholt.“

Tatsächlich kann sich Tikhonovas Spielfilmdebüt „Kaviar“ über einen „Strache-Effekt“ freuen, denn mit ihrer deftigen Komödie hat sie einen innenpolitischen Nagel auf den Kopf getroffen: „Kaviar“ (derzeit im Kino) erzählt davon, wie korrupte österreichische Unternehmer einem russischen Oligarchen die Wiener Schwedenbrücke verkaufen wollen – eine Drehbuch-Idee, die Tikhonova, gemeinsam mit Robert Buchschwenter, schon seit 2011 verfolgt.

Kaviar

Ursprünglich waren sogar noch andere, irrwitzige Korruptionsszenarien angedacht: Etwa, dass der Oligarch im Prater auf die Jagd gehen möchte und man ihm dort eine Safari ausrichtet – mit Zebras und allem Drum und Dran: „Doch das war dann doch zu teuer“, erinnert sich Tikhonova.

Dass man mit dem Verkauf österreichischen Allgemeinguts wie der Schwedenbrücke der Wahrheit noch um einiges näher rücken würde, war natürlich keineswegs absehbar: In der aktuellen Fassung trifft sich Georg Friedrich als schmieriger Wiener Unternehmer mit dem Oligarchen (Mikhail Evlanov) im Nobelrestaurant und verscherbelt ihm die Brücke mittels eines „Vertrags“, der auf eine Serviette gekritzelt wird: „Ich glaube, ganz Österreich lebt in einer Comedy“, grinst die Regisseurin.

Seit neunzehn Jahren ist sie nun in hier und kann sich noch gut an die Anfangsschwierigkeiten erinnern: „Ich kam von der Moskauer Filmschule und wusste nur folgende deutsche Vokabel: ‚Hände hoch!‘, ‚russisches Schwein‘ und ‚Hitler kaputt!‘ Diese Worte kennt jeder russische Filmstudent aus den Kriegsfilmen.“

Interview mit "Kaviar"-Regisseurin: „Österreich lebt in einer Comedy“

Simon Schwarz (li.) und Georg Friedrich (re.) wollen die Schwedenbrücke verkaufen: "Kaviar"

Russisches Umfeld

Sie selbst hat im Dokubereich begonnen und mit „Elektro Moskva“ (2013), gemeinsam mit Dominik Spritzendorfer, einen Film über die post-sowjetische Elektronikszene gedreht. „Kaviar“ ist ihr Spielfilmdebüt. „Das war eine bewusste Entscheidung“, erklärt Tikhonova: „Österreich hat im Filmbereich eine starke Dramenkultur, und ich wollte etwas ganz anderes machen.“

Außerdem bot ihr das eigene russische Umfeld in Wien ausreichend Komödienstoff: „Was ich da mit meinen Freunden erlebe, ist unglaublich komisch – allein die sprachlichen Missverständnisse“, sagt Tikhonova, selbst übrigens ein großer Fan von Billy Wilder: „Ich habe viele Interviews gemacht. Jede Figur in meinem Film hat einen Prototyp.“

Die Zusammenarbeit mit Schauspiel-Veteranen wie Simon Schwarz und Georg Friedrich erwies sich als „reines Vergnügen“, bei einzelnen Szenen wurde auch mächtig improvisiert. Schwieriger schon gestaltete sich die Koordination der drei weiblichen Hauptdarstellerinnen Sabrina Reiter, Daria Nosik und Margarita Breitkreiz, die alle mit ganz unterschiedlichen Schauspieltechniken arbeiten und erst zum homogenen Ensemble koordiniert werden mussten: „Es sind drei ganz unterschiedliche Charaktere, die sich durch ihr gemeinsames Abenteuer näher kommen.“

Doch nun zur Gretchenfrage: Kann „Kaviar“ bei den Besucherzahlen auf einen „Strache-Effekt“ hoffen?

„Unbedingt“, findet die Presseagentin Michaela Englert: „Kaviar“ verzeichnete am ersten Wochenende mehr als 3.000 Besucher, was gemessen am kinofeindlichen Schönwetter ein sehr gutes Ergebnis sei, vergleichbar mit dem der Erfolgskomödie „Die Migrantigen“.

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Drei Frauen wollen korrupte und sexistische Männer über den Tisch ziehen: "Kaviar"

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